Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 22 O 366/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07.09.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 366/19 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage wegen angeblich fehlerhafter Kapitalanlageberatung aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Hinsichtlich des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 50.000 EUR aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau gemäß §§ 280 Abs. 1, 675, 398 BGB. Zwischen dem Kläger bzw. seiner Ehefrau und der Beklagten sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag durch die Empfehlung und Vermittlung der streitgegenständlichen Anlage verletzt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte über das von ihr selbst erkannte Totalverlustrisiko nicht aufgeklärt habe und zudem mangels Plausibilitätsprüfung nicht erkannt habe, dass das Anlagekonzept mit erheblichen Risiken behaftet gewesen sei. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Der als Anlage K 3 vorgelegte Güteantrag vom 27.11.2018 sei geeignet, die Verjährung zu hemmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese im Wesentlichen geltend macht:
Das Landgericht habe verkannt, dass der Güteantrag des Klägers vom 27.11.2018 rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe vorab klar kommuniziert, dass er sich einem Güteverfahren verweigere. Zudem sei der Güteantrag nicht hinreichend konkretisiert.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
1. Durchsetzbare Schadensersatzansprüche des Klägers aus eigenem oder abgetretenem Recht gegen die Beklagte bestehen nicht.
Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers sind nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Auf eine Hemmung der Verjährung durch den Güteantrag vom 27.11.2017 kann der Kläger sich nicht berufen.
a. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB hat nach § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Jahres 2015 zu laufen begonnen.
Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für jeden Beratungsfehler bezüglich voneinander abgrenzbarer, offenbarungspflichtiger Umstände gesondert, die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind getrennt für jede Pflichtverletzung zu prüfen, und jede Pflichtverletzung ist in dieser Hinsicht verjährungsrechtlich selbstständig zu behandeln (BGH NJOZ 2011, 2087 Rn. 15).
Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es - abgesehen von Ausnahmefällen - nicht auf die zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt im Grundsatz die Kenntnis der den Einzelanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Hierzu gehört in Fällen unzureichender Beratung oder Aufklärung auch die Kenntnis der Umstände einschließlich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt. Die dem Geschädigten bekannten Tatsachen müssen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als nahe liegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten - lediglich - zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachwe...