Leitsatz (amtlich)

1. Zahlt die Krankentagegeldversicherung fortlaufend das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld, ohne die medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person in Abrede zu stellen, so sind diese Zahlungen als Anerkenntnis des Versicherungsfalls zu werten.

2. Ein zeitweiliger Rentenbezug wegen vorübergehender Fluguntauglichkeit bei einer sog. "Loss of Licence"-Versicherung eines Piloten stellt keine Berufsunfähigkeitsversicherung im Sinne von § 15 b) Nr. 30 MB/KT 2009 dar.

3. Dies ergibt sich aus der Spezialität dieser Versicherung zur Absicherung eines besonderen Risikos der Berufsgruppe "Pilot", welches von den übrigen Verdienstausfallversicherungen nicht erfasst ist.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 23 O 489/16)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 21.02.2018 - Az. 23 O 489/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Hubschrauberpilot im Rettungsdienst des .... Er unterhält bei der Beklagten eine private Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif TV42 mit einer Karenzzeit von 42 Tagen und einem Tagessatz von 147,82 EUR. Auf die zugrundeliegenden AVB (Anlage BLD 1, Bl. 63 ff. d. A.) und die Tarifbedingungen (Anlage BLD 2, Bl. 71 ff. d. A.) wird Bezug genommen. Neben der streitgegenständlichen Krankentagegeldversicherung verfügt der Kläger bei der Yyy AG über eine Lizenzverlustversicherung (so genannte "Loss of Licence"-Versicherung bzw. LOL-Versicherung) mit einer auf Basis eines versicherten Kapitals ermittelten Monatsrente von 1.894,97 EUR, die eine Zusatzversicherung zur Berufsunfähigkeitsversicherung ist (vgl. Versicherungsschein nebst AVB, Bl. 228 ff. d. A.). Die im Vertrag vereinbarte Fluguntauglichkeitsklausel enthält unter Ziffer 2. folgende Regelung (vgl. Bl. 262 d. A.):

"Es gilt als vereinbart, dass Berufsunfähigkeit schon dann vorliegt, wenn gemäß Ziffer 3 festgestellt wird, dass der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen voraussichtlich dauernd fluguntauglich für den Tauglichkeitsgrad 1 ist, oder eine zeitlich begrenzte Fluguntauglichkeit mit Nachprüfung in frühestens sechs Monaten attestiert wird."

Im August 2015 wurde der Kläger aufgrund einer Venenthrombose im Bereich des linken Beins arbeitsunfähig. Nach erfolgreicher Behandlung der Thrombose bestand das Luftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 13.01.2016 darauf, dass der Kläger für einen weiteren Zeitraum bis zum 12.12.2016 sicherheitshalber das blutverdünnende Präparat Marcumar einnimmt und Kontrollen durchführen lässt. Aufgrund dieser Vorgaben wurde der Kläger für diesen Zeitraum arbeitsunfähig krankgeschrieben. Es erfolgte eine weitere Krankschreibung wegen Arbeitsunfähigkeit bis September 2017. Der Kläger wurde auf eine dauerhafte Antikoagulation eingestellt und nahm am 21.08.2017 seine Tätigkeit als Hubschrauberpilot beim ... wieder auf.

Für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 bezog der Kläger aufgrund der LOL-Versicherung von der Yyy AG sechs Monatsrenten in Höhe von insgesamt 11.369,84 EUR. Im Zeitraum vom 14.10.2015 bis 31.03.2016 und auch für spätere Zeiträume bezog der Kläger zudem Krankentagegeld von der Beklagten. Unter dem 18.08.2016 (Bl. 26 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger deshalb mit, die Rentenzahlung durch die Yyy AG führe zur Beendigung des streitgegenständlichen Krankentagegeldvertrags zum 31.12.2015. Im Nachleistungszeitraum vom 14.10.2015 bis 31.03.2016 habe der Kläger lediglich - aus Kulanz - Anspruch auf die Differenzzahlung zwischen Krankentagegeld (147,82 EUR pro Tag) und der Rentenzahlung aus der LOL-Versicherung (63,16 EUR pro Tag), mithin auf 84,65 EUR täglich. Daher forderte die Beklagte, die volles Krankentagegeld in Höhe von 25.129,40 EUR für diesen Zeitraum gezahlt hatte, die Differenz von 10.737,20 EUR zurück. Ihre behaupteten Rückzahlungsansprüche verrechnete sie in der Folgezeit vollständig mit Ansprüchen des Klägers für die Folgezeit [(vgl. Schreiben vom 18.08.2016 (Bl. 133 f.), 07.09.2016 (Bl. 135 f.), Schreiben vom 30.09.2016 (Bl. 137 f. d. A.)].

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von Krankentagegeld in Höhe von 10.737,20 EUR für den Zeitraum vom 14.10.2015 bis 31.03.2016 stattgegeben. Es ist der Auffassung, dass der Versicherungsvertrag vorliegend nicht wegen des zeitgleichen Bezugs einer Berufsunfähigkeitsrente gem. Nr. 30 Abs. 2 zu § 15 lit. b) MB/KT 2009 beendet ist. Die Yyy AG habe ihre Leistungen nur für einen begrenzten Zeitraum von sechs Monaten erbracht, so dass diese Leistungen gerade nicht einen Erwerbsausfall auf unabsehbare Zeit ausgleichen sollten, sondern lediglich die Einbußen des - für vorübergehend gehaltenen - Verlusts der Fluglizenz kompensieren sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der vor dem Landgericht gestellten Schlussanträge wird zunächst auf den Tatbestand sowie die...

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