Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 12 O 47/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24. Juli 2019 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 12 O 47/19 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.655,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. April 2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 87% und die Beklagte zu 13%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung der Klägerin wegen der geltend gemachten Ansprüche auf "EKR-Nutzung Abschlusskosten" und "EKR-Nutzung Verwaltungskosten" zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin schloss mit der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2000 mit einer Vertragslaufzeit von 18 Jahren ab. Mit Schreiben vom 13. Juni 2016 widersprach die Klägerin dem Vertragsschluss. Zum Ablauftermin am 1. Dezember 2018 kehrte die Beklagte die Ablaufleistung in Höhe von 43.887,23 EUR an die Klägerin aus.
Mit der Klage verlangt die Klägerin die Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich Risikokosten sowie abzüglich der geleisteten Zahlungen zuzüglich "Nutzungen im Fonds", "EKR-Nutzung Risikobeitrag", "EKR-Nutzung Abschlusskosten" und "EKR-Nutzung Verwaltungskosten"; sie errechnet eine Forderung in Höhe von 27.466,37 EUR (GA 40).
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei noch im Jahr 2016 zum Widerspruch berechtigt gewesen. Die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein sei unzureichend; zudem seien die Verbraucherinformationen unvollständig.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie einen Betrag in Höhe von 27.466,37 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2016 zahlen;
2. an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.848,01 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2017 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Widerspruchsbelehrung sei nicht zu beanstanden. Die Verbraucherinformationen seien der Klägerin vollständig erteilt worden. Jedenfalls seien etwaige Rückabwicklungsansprüche verwirkt.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. April 2019, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zwar sei die Widerspruchsbelehrung mangels Hinweises darauf, dass der Widerspruch schriftlich erklärt werden müsse, fehlerhaft. Die Klägerin habe indes die Klageforderung bereits nicht schlüssig dargelegt. Zudem habe sie das Widerspruchsrecht verwirkt.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Sie wendet sich gegen die Annahme von Verwirkung. Den Rückforderungsanspruch habe sie schlüssig dargetan.
Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache zum Teil Erfolg.
Die Klägerin konnte dem Vertrag noch im Jahr 2016 nach § 5a VVG a.F. widersprechen. Die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein vom 15. November 2000 (GA 47) war wegen des fehlenden Hinweises darauf, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben ist, inhaltlich unvollständig.
Besonders gravierende Umstände, die der Ausübung des Widerspruchs ausnahmsweise nach Treu und Glauben entgegenstehen könnten (vgl. BGH, Beschl. v. 11. November 2015, aaO, Rz. 16; Urt. v. 1. Juni 2016 - IV ZR 482/14 -, VersR 2017, 275, Rz. 24; Beschl. v. 27. September 2017 - IV ZR 506/15 -, NJW-RR 2018, 161), sind entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht ersichtlich. Dazu reichen weder die Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Widerspruchserklärung von über 10 Jahren (vgl. dazu Senat, Urt. v. 23. März 2018 - 20 U 108/17 -) noch der Umstand, dass die Klägerin durch Vertragsänderungen (Bezugsrechtsänderung) auf den Vertrag eingewirkt hat (vgl. dazu BGH, RuS 2017, 126, juris-Rz. 21), aus.
Der Vertrag ist daher gemäß §§ 812, 818 BGB rückabzuwickeln.
Die Prämienzahlungen setzt die Beklagte mit 35.348,14 EUR an (GA 219), die Klägerin mit insgesamt 35.601,23 EUR (34.588,87 EUR + 1.012,36 EUR [Beiträge nach Widerspruch]; GA 8/9 und 40) geringfügig höher. Dabei rechnen die Parteien grundsätzlich gleich (GA 219 und GA 8), wobei die Kläg...