Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsantrag des Zulieferers gegen eine an den Hersteller des Endproduktes gerichtete Abmahnung
Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag, mit welchem dem Gegner untersagt werden soll, jedweden Dritten aus einem in Rede stehenden Geschmacksmuster abzumahnen und auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, geht - auch wenn eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung vorliegt - inhaltlich zu weit und ist daher unbegründet.
II. Wird die Abmahnung an den Hersteller eines Produktes (hier: Parfumzerstäuber) adressiert, der dabei zugelieferte Teile (hier: Pumpensprühköpfe) verwendet, so stehen dem Zulieferer wegen dieser Verwarnung keine eigenen Unterlassungsansprüche (§ 4 Nr. 7, 8, 10 UWG, § 823 Abs. 1 BGB) zu, wenn bei der Kritik an der Ausgestaltung des Endproduktes die Beschaffenheit des Zulieferungsteils keine Rolle gespielt hat.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, §§ 3, 4 Nrn. 7-8, 10, § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 12 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 05.07.2007; Aktenzeichen 84 O 48/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegner wird das am 5.7.2007 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 48/07 - abgeändert.
Der Antrag vom 5.4.2007 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin stellt Pumpensprühköpfe für Parfümzerstäuber her. Zu ihren deutschen Abnehmern gehört die O GmbH; bis zum Frühjahr 2007 belieferte sie auch die Antragsgegnerin. Am 26.1.2007 mahnte die Antragsgegnerin die O GmbH wegen eines von dieser in Verkehr gebrachten Parfümzerstäubers ab, durch den sie - u.a. - ihr am 14.12.2000 angemeldetes deutsches Geschmacksmuster Nr. ...1 verletzt sieht. Die O GmbH widersprach der Abmahnung, von der sie die Antragstellerin noch im Januar informierte, und teilte der Antragsgegnerin Anfang März 2007 mit, dass das Muster nach ihrer Prüfung nicht neu und eigenartig sei. Die Antragsgegnerin nahm dazu mit Schreiben vom 16.3.2007 Stellung und drohte nunmehr unter Nachfristsetzung bis zum 30.3.2007 Klage an. Am 30.3.2007 reichten die O GmbH negative Feststellungsklage (31 O 232/07 LG Köln) und die Antragstellerin Klage auf Einwilligung in die Löschung des Geschmacksmusters (84 O 46/07 LG Köln) gegen die Antragsgegnerin ein. Mit Schreiben vom 27.3.2007 hatte die Antragstellerin die Antragsgegnerin unter Fristsetzung bis zum 2.4.2007 aufgefordert, Abmahnungen ihrer Kunden aus dem Geschmacksmuster zu unterlassen und eine entsprechende strafbewehrte Unterlassenserklärung abzugeben. Nach Ablehnung einer erbetenen Fristverlängerung beantragte sie beim LG Köln per Fernkopie vom 5.4.2007, 17:23 Uhr, der Antragsgegnerin durch einstweilige Verfügung zu untersagen, Dritte aus dem vorbezeichneten Geschmacksmuster abzumahnen und auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Die Antragstellerin sieht sich durch die ggü. der O GmbH ausgesprochene - ihrer Ansicht nach unberechtigte - Schutzrechtsverwarnung der Antragsgegnerin beim Absatz ihrer Pumpensprühköpfe behindert. Die Neuheit des Geschmacksmusters hält sie durch ein 1991 angemeldetes deutsches Gebrauchsmuster und einen 1999 in französischen Zeitschriften abgebildeten Parfümzerstäuber des Herstellers L für widerlegt. Im Berufungsrechtszug beruft sie sich ergänzend darauf, dass die Antragsgegnerin ihr Muster - nach eigener Darlegung im Löschungsprozess - schon Anfang 2000 auf Messen präsentiert habe, so dass bei Anmeldung die damalige Neuheitsschonfrist von sechs Monaten bereits abgelaufen gewesen sei.
Das LG hat die einstweilige Verfügung durch Urteil antragsgemäß erlassen. Dies greift die Berufung unter mehreren Aspekten als rechtsverletzend an. Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die - zulässige - Berufung hat in der Sache Erfolg. Nach dem unstreitigen Sachverhalt liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem begehrten Inhalt - unabhängig von der Bestandskraft des Geschmacksmusters der Antragsgegnerin - nicht vor.
1. Der in die erstinstanzliche Urteilsformel übernommene (Haupt-) Antrag der Antragstellerin geht dahin, den Antragsgegnern im summarischen Verfahren zu untersagen, irgendeinen Dritten aus dem Geschmacksmuster in Anspruch zu nehmen. Für ein so umfassendes Verbot der Ausübung des Schutzrechts fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
a) Ansprüche gegen Mitbewerber wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung gegenüber eigenen Abnehmern können sich allerdings zum einen unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus § 823 Abs. 1 BGB ergeben (Beschluss des Großen OLG Köln für Zivilsachen vom 15.7.2005 - GSZ 1/04, BGHZ 164, 1 = GRUR 2005, 882 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung), was Unterlassungsansprüche gemäß dem Rechtsgedanken des § 1004 BGB einschließt (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 UWG Rz. 1.112 unter Hinweis auf die Begründung des Beschlusses ...