Leitsatz (amtlich)
Lässt der Auftraggeber Werkmängel tatsächlich und dem vertraglich geschuldeten Standard entsprechend vollständig beseitigen, so kann er die Kosten der Mängelbeseitigung nicht mehr fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens, sondern nur nach dem tatsächlich angefallenen Kostenaufwand als Schaden abrechnen.
Normenkette
BGB §§ 631, 633, 634 Nr. 4, § 281
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 30.05.2014; Aktenzeichen 7 O 303/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30.5.2014 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Aachen - 7 O 303/13 - wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 9.903,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2013 sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 651,80 EUR zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 62,5 % und der Beklagte zu 37,5 %.
4. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen mangelhafter Werkleistungen in Anspruch. Sie betreibt ein Unternehmen im Bereich des Baugewerbes unter der Firma "Fenster Türen S". Der Beklagte ist als Dachdecker tätig. Der Klägerin oblag aufgrund eines Vertrages mit den Eheleuten M die Kernsanierung des Hauses G-str. XX in B. In diesem Rahmen erbrachte der Beklagte Ende September/Anfang Oktober 2012 Dachdeckerarbeiten; so nahm er die Erneuerung des Hauptdaches und die Anbringung einer Giebelkonstruktion an einem Giebel des Hauses vor. Zahlungen an den Beklagten erfolgten in bar durch den Zeugen S, den Ehemann der Klägerin. Nach Beginn der Arbeiten wurde zunächst vereinbarungsgemäß eine Abschlagszahlung i.H.v. 10.000 EUR geleistet. Ein paar Wochen später erfolgte eine erneute Barzahlung an den Beklagten, wobei die Höhe der Zahlung strittig ist. Unter dem 19.10.2012 stellte der Beklagte eine Quittung über die Zahlung eines Betrages i.H.v. 10.000 EUR von der Firma S aus (Bl. 131 d.A.). Unter dem 31.10.2012 stellte er eine Rechnung an die Firma S für Arbeiten an dem Bauobjekt B über einen Betrag i.H.v. 6.000 EUR netto samt Mehrwertsteuer in Höhe eines Betrags von 1.140 EUR (Blatt 130 der Akte). Noch während der Ausführung der Arbeiten kam es zu Unstimmigkeiten über das Vorliegen von Mängeln, was dazu führte, dass die Arbeiten von dem Beklagten nicht weitergeführt wurden. Die Klägerin beauftragte im Weiteren den Sachverständigen N K mit der Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die von dem Beklagten ausgeführten Arbeiten. Nach Durchführung zweier Ortstermine erstellte der Sachverständige K unter dem 20.3.2013 sein Gutachten (Bl. 40 d.A.); die Dachdecker- und Klempnerarbeiten bewertete er in weiten Teilen als nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend. Es wird insoweit auf das Gutachten vom 20.3.2013 verwiesen. Der Gutachter übersandte unter dem 20.3.2013 eine Rechnung über einen Betrag i.H.v. 1.903,50 EUR netto (Bl. 85 d.A.) an die Firma L S, die beglichen wurde. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 28.3.2013 (Bl. 77 d.A.) wurde der Beklagte unter Fristsetzung bis zum 5.4.2013 aufgefordert, die in dem Gutachten K dargelegten Mängel zu beseitigen; der Beklagte führte jedoch keine weiteren Arbeiten aus. Mit Schreiben vom 26.4.2013 bezifferte der Sachverständige K die Mängelbeseitigungskosten mit 24.500 EUR netto (Bl. 80 d.A.). Der Beklagte wurde mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 3.5.2013 unter Fristsetzung zur Zahlung dieser Kosten sowie der Kosten für die Erstellung des Gutachtens K i.H.v. 1.903,50 EUR netto aufgefordert. Unter dem 21.2.2014 trat der Zeuge S Ansprüche aus dem "angeblich von ihm abgeschlossenen Werkvertrag" mit dem Beklagten an die Klägerin ab (Bl. 133 d.A.). Mängelbeseitigungsarbeiten wurden zwischenzeitlich durchgeführt.
Die Klägerin hat behauptet, der Zeuge S habe den Beklagten in Vertretung der Klägerin mit der Ausführung der Arbeiten beauftragt; er sei der technische Leiter des Unternehmens und verantworte die nach außen gerichtete Bautätigkeit. Die Parteien seien seit Jahren miteinander bekannt, der Beklagte habe gewusst, dass die Klägerin Inhaberin des Unternehmens sei und der Zeuge S u.a. die Vertragsschlüsse für diese durchführe. Die Leistung des Beklagten weise die in dem Gutachten K festgestellten Mängel auf. Anlässlich eines Ortstermins mit den Rechtsanwälten T und L2 habe der Beklagte erklärt, er werde für den Fall, dass der zu beauftragende Sachverständige K Mängel feststelle, diese beseitigen.
Die Klägerin hat beantragt,
1.) den Beklagten zu verurteilen, an sie 26.403,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2013 zu zahlen,
2.) sie von den durch die außergerichtliche Tätigkeit der Rechtsanwälte O und C entstandenen Kosten i.H.v. 1.005,40 EUR freizustellen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage...