Entscheidungsstichwort (Thema)

"Wir erstatten die Differenz doppelt zurück" - Verstoß der Werbung gegen das Transparenzgebot -

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in einer Zeitungsanzeige angekündigte Tiefpreisgarantie (hier: eines Billigfliegers), mit der ein Preisnachlass in Höhe der doppelten Differenz zwischen dem mit dem Kunden ursprünglich vereinbarten Tarif und dem bei einem Wettbewerber vorgefundenen niedrigeren Tarif ausgelobt wird, stellt eine Verkaufsförderungsmaßnahme i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG dar.

2. a) Bedingungen, die für die Inanspruchnahme der Garantie gelten, müssen nach § 4 Nr. 4 UWG bereits in der Zeitungswerbung offengelegt werden, wenn sie einem durchschnittlichen Leser der Anzeige nicht erwartet werden. Ein Hinweis auf eine Internetseite in der Sternchenauflösung der Printwerbung genügt dann nicht.

b) Dementsprechend müssen schwerwiegende bürokratische Hindernisse bei der obligatorischen Art der Anspruchsdurchsetzung, eine enge Begrenzung auf wenige Vergleichsflüge oder ein Verweis auf eigene andere Flugangebote bereits in der Werbung genannt werden.

3. Eine Begrenzung der garantierten Erstattung auf einen Höchstbetrag (hier: 100 EUR) ist keine Bedingung für die Inanspruchnahme der Vergünstigung, sondern regelt deren Umfang. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung richtet sich daher nicht nach § 4 Nr. 4, sondern nach § 5 UWG.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 4, § 5 Abs. 1 Nr. 7; EG-Richtlinie 2000/31 Art. 6; EG-Richtlinie 2005/29 Art. 7 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 16.01.2009; Aktenzeichen 81 O 62/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.1.2009 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 81 O 62/08 - teilweise abgeändert und unter Berücksichtigung des in zweiter Instanz geänderten Klageantrags wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und im Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie nachfolgend wiedergegeben für Flugreisen mit einer sog. "Tiefpreisgarantie" zu werben

(Hier wurde ein Bild entfernt)

wenn dabei nicht in unmittelbarem Zusammenhang auf folgende Bedingungen der Inanspruchnahme in deutscher Sprache hingewiesen wird:

a) Um die Differenz doppelt erstattet zu bekommen, muss ein Passagier einen Hin- und Rückflug auf www.s.com buchen und innerhalb einer Stunde nach der Buchung des verlinkte Antragsformular (nur in Englisch erhältlich) ausfüllen und an q.@s.com schicken.

und/oder

b) Bei erfolgreicher Antragstellung erhält der Passagier von S. die Differenz zwischen dem durch S. angebotenen Hin- und Rückflugtarif und dem niedrigeren Tarif eines Wettbewerbers für denselben Reiseverlauf doppelt erstattet (s. oben). Für jeden Antrag gilt eine Erstattungshöchstgrenze i.H.v. 100 EUR (70 £) oder des entsprechenden Betrags in der jeweiligen Landeswährung pro Hin- und Rückflug. Falls also die Differenz zwischen dem Hin- und Rückflugtarif der S. und dem preiswerteren Tarif eines Wettbewerbers mehr als 50 EUR (35 £) oder als der entsprechende Betrag in der jeweiligen Landeswährung beträgt, ist der in diesem Fall durch S. zahlbare Betrag auf 100 EUR (70 £) oder den entsprechenden Betrag in der jeweiligen Landeswährung beschränkt.

und/oder

c) Reicht der Antragsteller aus irgendeinem Grund das Antragsformular nicht innerhalb einer Stunde nach der Buchung auf www.s.com ein, so gilt der Antrag als verspätet und kann ihm Rahmen dieser Promotionaktion nicht berücksichtigt werden.

und/oder

d) Anträge sind nur zulässig, wenn die Abflugszeiten der Flüge der anderen Fluggesellschaft innerhalb einer Stunde vor oder nach den Abflugszeiten der ursprünglich bei S. gebuchten Flüge liegen.

und/oder

e) Zusammen mit dem Antragsformular muss zudem ein Bildschirmabdruck (Screenshot) des durch die andere Fluggesellschaft angebotenen Tarifs (inklusive aller obligatorischen Steuern und Gebühren) per E-Mail eingereicht werden. Innerhalb einer Stunde nach Zugang der E-Mail (nur innerhalb der Geschäftszeiten, Montag bis Freitag von 9:00 bis 17:00 Uhr) wird S. den angegebenen "Wettbewerbertarif" überprüfen. Kann der angegebene "Wettbewerbertarif" nicht im Internet verifiziert werden, so ist der Antrag ungültig.

und/oder

f) Hat S. mehr als zwei Flugmöglichkeiten zwischen zwei Städten im Angebot (z.B. von Dublin nach London-Stansted oder von Dublin nach London-Gatwick), so muss sich der Antrag auf den günstigsten angebotenen S.-Tarif für die in Frage kommenden Strecken beziehen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 200.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vo...

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