Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Entgeltklausel für Wertpapierübertragung bei Depotauflösung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übertragung stückeloser Wertpapiere bei Auflösung des Wertpapierdepots stellt keine frei bepreisbare Sonderleistung der depotführenden Bank dar, sondern tritt als abwicklungstechnisches Surrogat an die Stelle der nicht möglichen gegenständlichen Herausgabe der Wertpapiere und gehört daher zum Abwicklungsaufwand, welcher der Bank bereits zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Depotvertrag obliegt.
2. Jedenfalls Entgeltklauseln, die nicht auf Wertpapierübertragungen im Rahmen laufender Geschäftsverbindung beschränkt sind, benachteiligen den Kunden der depotführenden Bank entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 12.11.2003; Aktenzeichen 26 O 14/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des LG Köln vom 12.11.2003 - 26 O 14/03 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die nach §§ 3, 4 Unterlassungsklagengesetz (UklaG) hierzu befugte Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Unterlassung der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch, die in Bezug auf Depotverträge für die stückelose Übertragung von Wertpapieren verschiedene Postenpreise vorsehen. Die Klägerin ist der Auffassung, bei den beanstandeten Entgeltklauseln handele es sich um kontrollfähige Preisnebenabreden, die wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam seien.
Mit Urteil vom 12.11.2003 (abrufbar unter www.nrwe.de), auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat das LG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, "die folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Bestimmung in Bezug auf Depotverträge zu verwenden, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
Stückelose Übertragung von Wertpapieren (Preise pro Posten inkl. 16 % MwSt.):
a) bei Girosammelverwahrung
- an in- u. ausländ. KI's (17,98 Euro)
- innerh. d. eig. Instituts (4,64 Euro)
b) Einzel-/Sonderverwahrung
- an in- u. ausländ. KI's (23,78 Euro)
- innerh. d. eig. Instituts (7,54 Euro)
c) Wertpapierrechnung
- an in- u. ausländ. KI's (17,98 Euro)
+ fremde Kosten (nur bei US- und GB-Domesticstücken)
- innerh. d. eig. Instituts (4,64 Euro)"
Das LG ist davon ausgegangen, dass die Beklagte mit der Wertpapierübertragung im Falle der Auflösung des Depots - anders als bei der Übertragung von Wertpapieren auf ein Fremddepot im Rahmen einer laufenden Gechäftsverbindung - den dem Depotinhaber bei Beendigung des Depotvertrages zustehenden Auslieferungsanspruch i.S.d. §§ 6-8 des Depotgesetzes erfülle. Die nicht zwischen beiden Fallgestaltungen differenzierende Entgeltklausel sei daher mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren und stelle eine missbräuchliche Verfolgung eigener Interessen ohne Berücksichtigung der Belange des Kunden dar.
Mit der Berufung beanstandet die Beklagte, das LG habe nicht geklärt, ob es ein gesetzliches Leitbild der Übertragung von Wertpapieren gebe. Die Beklagte meint, nach heutigem Verständnis gebe es ein solches Leitbild nicht; sie sei daher nicht bereits aufgrund des Depotvertrages zu den mit der Übertragung einzelner Depotposten bzw. des gesamten Depotbestandes verbundenen Arbeitsschritten (wie in Ziff. II. der Klageerwiderung näher dargestellt) verpflichtet, vielmehr sei dies eine eigenständige Dienstleistung, die als Geschäftsbesorgung einer Bepreisung zugänglich sei. Eine gegenständliche Herausgabe/Auslieferung von Wertpapieren sei aufgrund der Entwicklung des Effektenwesens zu urkundenlosen Wertpapieren oder solchen, bei denen die Bildung von Einzelurkunden ausgeschlossen sei (§ 9a Abs. 3 S. 2 DepotG), zwar weitgehend unmöglich geworden. Das rechtfertige es jedoch nicht, die aufwändige Übertragung von Depotwerten als Surrogat für eine unentgeltlich geschuldete Herausgabe anzusehen; jedenfalls stellten die für diese Dienstleistung erhobenen Entgelte keine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und tritt den Angriffen der Berufung entgegen.
Wegen aller Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Berufung stand. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in den Geschäftsbedingungen der Beklagten verwendeten Entgeltklauseln für die stückelose Übertragung vo...