Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 23.11.2000; Aktenzeichen 24 O 469/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. November 2000 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 469/99 - abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen des Verkehrsunfallschadens (Kfz.-Haftpflichtschaden-Nr. der Beklagten: ), welcher sich am 20.3.1999 um 18.45 Uhr in W. auf dem B. Platz/Busbahnhof ereignet hat und an dem der Kläger mit seinem PKW A. 100, amtliches Kennzeichen: , und die Fußgängerin Frau M.A.S., A.straße 11, W., beteiligt waren, Versicherungsschutz zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 13 % und die Beklagte zu 87 %. Die Kosten der Berufung werden dem Kläger zu 6 % und der Beklagten zu 94 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Die Beklagte ist nach § 10 Nr. 1 AKB verpflichtet, dem Kläger für den streitgegenständlichen Verkehrsunfall Versicherungsschutz zu gewähren. Sie kann sich nicht mit Erfolg auf Leistungsfreiheit wegen Prämienzahlungsverzugs gem. § 39 Abs. 2 VVG berufen.
1.
Der Senat teilt schon nicht die Auffassung des Landgerichts, der Kläger müsse beweisen, dass ihm das qualifizierte Mahnschreiben vom 27.02.1999 nicht zugegangen sei. Denn die Beweislast für den Zugang des Mahnschreibens liegt beim Versicherer. Beweiserleichterungen kommen ihm grundsätzlich nicht zu. Für den Zugang besteht auch kein Anscheinsbeweis (BGHZ 24, 308, 312 f.; OLG Koblenz, ZfS 2000, 493; Römer / Langheid, VVG, § 39, Rn. 21; Knappmann in Prölss / Martin, VVG, 26. Aufl. 1998, § 39, Rn. 10 jew. m. w. N.).
Eine Umkehr der Beweislast zu Lasten des Klägers ergibt sich auch nicht daraus, dass er nicht bereits in seinem Schreiben vom 19.10.1999, sondern erst mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.1999 bestritten hat, das Mahnschreiben vom 27.02.1999 erhalten zu haben, obwohl dieses Mahnschreiben in dem unstreitig zugegangenen weiteren Schreiben der Beklagten vom 01.07.1999 erwähnt worden war. Der fehlende, unmittelbare Widerspruch eines Versicherungsnehmers, ein in späteren Schreiben des Versicherers aufgeführtes Mahnschreiben erhalten zu haben, lässt regelmäßig nicht den Schluss zu, das Mahnschreiben sei tatsächlich zugegangen und führt auch nicht zu einer Umkehr der Beweislast (OLG Köln, r + s 1991, 403, 404; OLG Nürnberg, VersR 1992, 602; Römer / Langheid, VVG, § 39, Rn. 22; Knappmann, a. a. O., Rn. 10). Der vereinzelt vertretenen abweichenden Auffassung (LG Hamburg, VersR 1992, 85, 86) vermag der Senat bei einem mit einfachem Brief versandten Schreiben nicht zu folgen.
Der fehlende Widerspruch kann nämlich verschiedene Gründe haben. Bei einer qualifizierten Mahnung nach § 39 VVG muss einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer die Bedeutung dieser Mahnung als unerlässliche Voraussetzung für die Leistungsfreiheit des Versicherers nicht unbedingt bewusst sein. Er mag unabhängig von der Mahnung allein die Nichtzahlung oder eine Kündigung für maßgeblich halten, so dass er keinen Anlass sehen könnte, gerade den Zugang dieses Mahnschreibens zu bestreiten. Schließlich ist eine derartige Beweislastumkehr bei Abwägung der beiderseitigen Interessen und Möglichkeiten auch nicht gerechtfertigt. Denn der Versicherer hat es selbst in der Hand, die voraussehbaren Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, indem er statt eines einfachen Briefes die qualifizierte Mahnung durch Einschreiben gegen Rückschein oder mittels eines anderen geeigneten Zustellungsnachweises an den Versicherungsnehmer versendet (vgl. BGHZ 24, 308, 313; OLG Koblenz, ZfS 2000, 493). Der Versicherungsnehmer hat hingegen praktisch kaum eine Möglichkeit, den Nichtzugang nachzuweisen.
Eine andere Beurteilung der Beweislast ergibt sich auch nicht aus der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Dort ist lediglich ausgesprochen, dass der Adressat einer einfachen Einschreibesendung nach Ablauf der zweijährigen Aufbewahrungsfrist für den Ablieferungsschein den Empfang der Sendung nicht mehr in Abrede stellen könne, wenn er rechtzeitig vor Ablauf dieser Frist von deren Absendung Kenntnis erhalten habe. Diese Wertung beruht entscheidend auf der Überlegung, dass der Versicherer bei einem Einschreiben innerhalb der Aufbewahrungsfrist für den vom Empfänger vollzogenen Ablieferungsschein den Zugang beweisen könnte und der Versicherungsnehmer dies bei einem verspäteten Widerspruch treuwidrig vereitelt. Eine derartige Nachweismöglichkeit besteht jedoch bei einem einfachen Brief von vorneherein nicht.
Der fehlende Widerspruch eines Versicherungsnehmers, ein bestimmtes Schreiben erhalten zu haben, kann demnach lediglich im Rahmen des dem Versicherer offen stehenden Indizienbeweises für den Zugang mit berücksichtigt werden. Allein dieser Umstand reicht jedoch nach Auffassung des Senats vorliegend nicht aus, um den Indizienbeweis als geführt anzusehen. Die Indizien müssen eine derart hohe Wahrscheinlichkeit für den Zug...