Leitsatz (amtlich)

1. Die Zustellung einer Klage unter Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 HZÜ ist ein nach § 295 ZPO heilbarer Zustellungmangel.

2. Den nach Art. 18 WA 1955 wegen des Verlustes von Gütern auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Luftfrachtführer trifft hinsichtlich der Frage, ob ein qualifiziertes Verschulden i.S.v. Art 25 WA 1955 vorliegt, jedenfalls dann eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich seines Verhaltens im Zusammenhang mit der Durchführung des Transports, der Entstehung des Schadens und seiner Verhinderung, wenn der Schaden in der Sphäre des Luftfrachtführers entstanden ist, der Geschädigte in diese Sphäre keinen Einblick besitzt, dem Luftfrachtführer die Offenbarung seiner Vorsichtsmaßnahmen zugemutet werden kann und Anhaltspunkte für das Vorliegen von Organisationsmängeln vorhanden sind.

3. Diese Grundsätze über die sekundäre Darlegungslast sind dem nach Art. 28 Abs. 2 WA 1955 anwendbaren deutschen Prozessrecht entnommen und finden daher auch dann Anwendung wenn der Luftfrachtführer seinen Sitz nicht in Deutschland, sondern im Ausland (hier: Hongkong) hat.

4. Fehlende Angaben des Versenders zum Wert des Transportguts können zu einer Mithaftung nach Art. 21 WA 1955 nur dann führen, wenn dies für die Entstehung des Schadens kausal war, was der Luftfrachtführer darlegen und gegebenenfalls beweisen muss. Dazu gehört, dass der Luftfrachtführer vorträgt, welche Maßnahmen, insbesondere welche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen er be einer konkreten Wertangabe ergriffen hätte und dass diese Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes spürbar reduziert hätten.

 

Normenkette

WA 1955 Art. 18 Abs. 1, Art. 21, 25; HZÜ § 28 Abs. 2, § 5 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 83 0 52/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.7.2001 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Köln – 83 O 52/00 -teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 30.11.2000 – 83 O 52/00 – wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 26.665,09 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 4.7.1999 zu zahlen, im Übrigen wird es aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 32.000,00 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die jeweilige Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen deutschen Bank oder Sparkasse zu erbringen.

 

Tatbestand

Die Firma D.A.L. in Hongkong beauftragte die Beklagte mit einem auf dem Luftweg durchzuführenden Warentransport zur Firma R.K. Elektronik GmbH in Nettetal. Auf dem von der Beklagten ausgestellten Luftfrachtbrief wurden die transportierten Güter mit Computer M.D.M. () beschrieben. Wertangaben enthielt dieser Frachtbrief nicht. Eine von der Firma D.A.L. ausgestellte Handelsrechnung, gerichtet an die Firma R.K. Elektronik GmbH, wies einen Rechnungsbetrag von insgesamt 27.320,00 US Dollar für insgesamt 400 Computerchips 16 x 84/SDIMM 128 MB BC 100 aus. Die zu transportierende Ware wurde von der Beklagten am 26.6.1999 übernommen, zu einer Auslieferung an die Firma R.K. Elektronik GmbH kam es jedoch nicht, da die Sendung verloren ging. Unter dem 29.6.1999 stellte die Firma U.P. Service Deutschland INC. & Co. OHG der Firma R.K. Elektronik GmbH eine Frachtrechnung über 244,38 DM. In ihr wurde die Ware mit Computer M.D.M. () beschrieben und ihr Wert mit 27.320,00 US-Dollar angegeben. Mit Schreiben vom 2.7.1999 meldete die Firma R.K. Elektronik GmbH gegenüber der Firma U.P. Service U.E. in N., dass die Sendung bei ihr nicht eingetroffen sei.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei Transportversicherer der Firma R.K. Elektronik GmbH und habe abgesehen von einem Selbstbehalt i.H.v. 1.000 DM deren Schaden i.H.v. 51.152,38 DM reguliert. Sie habe sich die Ansprüche der Firma R.K. Elektronik GmbH und der Firma D.A.L. abtreten lassen. Die Sendung habe 400 Computermodule zum Preis von 27.320 US Dollar enthalten.

Mit Verfügung vom 6.7.2000 hat der Vorsitzende der von der Klägerin angerufenen 3. Kammer für Handelssachen des LG Köln das schriftliche Vorverfahren angeordnet und der Beklagten eine Frist von 4 Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gesetzt. Diese Verfügung und die Klageschrift sind der Beklagten am 18.10.2000 durch einfache Übergabe zugestellt worden, eine Übersetzung der Verfügung und der Klageschrift ist nicht beigefügt gewesen. Mit Versäumnisurteil vom 30.11.2000 hat die 3. Kammer für Handelssachen des LG Köln die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 52.152,38 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 27.6.1999 zu zahlen.

Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 20.12.2000 zugestellte Versäumnisurteil hat die...

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