Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 28.05.2004; Aktenzeichen 9 O 300/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 28.5.2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen - 9 O 300/03 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistete.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Entschädigungsansprüche des Klägers auf Grund einer bei der Beklagten abgeschlossenen Vollkaskoversicherung wegen eines Verkehrsunfalls des Pkw Chevrolet Corvette Cabrio (amtliches Kennzeichen ...).
Der Kläger kam am 16.11.2002 gegen 12.50 Uhr mit seinem Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von mindestens 120 km/h auf der Autobahn, K.-D., Kreis H.-R., Ortsteil B., von der Fahrbahn ab und überschlug sich. Durch den Unfall erlitt der Kläger schwere Verletzungen und wurde zur stationären Behandlung in das Krankenhaus B.H. transportiert. An dem Kraftwagen entstand wirtschaftlicher Totalschaden.
Die unfallaufnehmenden Polizeibeamten stellten fest (Bl. 31 GA), dass bei dem Reifen vorne rechts innen auf einer Breite von 6 cm kein Profil vorhanden war, der Rest wies eine Profiltiefe von 1,0 bis 3,0 mm auf. Der vordere linke Reifen hatte auf beiden Seiten einen Rand von 5 cm mit einer Profiltiefe von 0,0 bis 0,3 mm, der Rest wies 4 mm auf. Die hinteren Reifen hatte eine Profiltiefe von 2,0 bis 4,0 mm. Die Fahrbahn war nach den Feststellungen der Polizei trocken.
Die Lebensgefährtin des Klägers, die Zeugin P., füllte unter dem Datum des 16.12.2002 (Bl. 100 ff. GA) die Schadenmeldung aus. Sie unterschrieb mit dem Namen des Klägers. In der Schadenmeldung trug die Zeugin, nachdem sie mit dem Kläger im Krankenhaus über den Unfall gesprochen hatte, handschriftlich ein in die vorgedruckte Zeile "Vorgeschriebene Geschwindigkeit:" "120 kmh erlaubt, ca. 90 kmh gefahren." Zum Schadenhergang trug sie ein: "Ich fuhr am 16.11.2002 auf der BAB 4 Richtung Erfurt. An diesem Tag regnete es so stark, dass sich in einer Senke Wasser angesammelt hatte. Verkehrsbedingt musste ich abbremsen und geriet dadurch ins Schleudern ..."
Die Beklagte lehnte außergerichtlich die Regulierung ab, weil der Schaden im Hinblick auf verkehrsunsichere Reifen grob fahrlässig herbeigeführt sei.
Mit der Klage hat der Kläger eine Entschädigungsbetrag von 28.000 EUR nebst Zinsen verlangt.
Die Beklagte hat sich wegen der mangelnden Profiltiefe der Reifen auf Gefahrerhöhung und falsche Angaben in der Schadenanzeige zum Hergang berufen. Schließlich hat sie die Höhe des anzurechnenden Restwertes bestritten.
Das LG hat nach Vernehmung der Zeugin die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, es bestehe Leistungsfreiheit, weil die Zeugin die Schadenmeldung im Hinblick auf den Straßenzustand und die gefahrene Geschwindigkeit in grob fahrlässiger Weise falsch ausgefüllt habe, was dem Kläger über die Grundsätze der Wissenserklärungsvertretung zuzurechnen sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und seine tatsächlichen Feststellungen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1ZPO) Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe die Zeugin nicht konkret mit der Ausfüllung der Schadenmeldung betraut. Diese habe die Angaben ohne sein Wissen gemacht. Vom 16.11.2002 bis 28.11.2002 sei er auf der postoperativen Intensivstation im Krankenhaus behandelt worden. Danach sei er auf Grund von Medikamenten nicht bei klarem Bewusstsein gewesen. Zudem sei die Zeugin als Mitarbeiterin der Beklagten tätig geworden. Außerdem sei er bei trockener Straße von der Fahrbahn abgekommen, so dass auch bei abgefahrenen Reifen eine Haftung wie mit Vollprofil vorhanden gewesen sei.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 28.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 12.2.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, dass der Kläger die Zeugin generell mit der Bearbeitung seiner Versicherungsangelegenheiten betraut habe. Sie habe zumindest bedingt vorsätzlich falsche Angaben zu den Umständen des Unfalls gemacht.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze verwiesen.
II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist unbegründet. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Dem Kläger steht aus der Vollkaskoversicherung gegen die Beklagte ein Entschädigungsanspruch wegen des Schadenereignisses vom 16.11.2002 aus §§ 1, 49 VVG, 12 Abs. 2e AKB nicht zu.
Der Ersatzanspruch des Klägers entfällt, weil die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung der dem Versicherungsnehmer nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 AKB obliegenden Aufklärungspflicht gem. § 7 V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG von ihrer etwa...