Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 28 O 470/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 17.07.2019 - 28 O 470/18 - zu Ziff. 2 - 4 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
"2. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger jeweils 5.000 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2018 zahlen.
3. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 1.358,86 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2018 zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."
Im Übrigen werden die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagten zu jeweils 3/7 und der Kläger zu 1/7.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Hinsichtlich des Tenors zu Ziff. 1 der angegriffenen Entscheidung bleibt die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit in Ziff. 5 der angegriffenen Entscheidung unberührt.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten vorliegend um Ansprüche auf Unterlassung, Geldentschädigung sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten wegen der Veröffentlichung eines Lichtbildes des Klägers in zwei Presseberichterstattungen der Beklagten vom 13. und 20.06.2016, wegen deren Einzelheiten auf die Ablichtungen in Anlagen K 1 und K 2 (AH) verwiesen wird. Das Lichtbild zeigt den Kläger mit einem Getränk in der Hand in der Nähe von die sog. Reichskriegsflagge hochhaltenden Fußballfans - mit denen der zufällig vor Ort anwesende Kläger tatsächlich unstreitig aber in keinerlei Verbindung stand. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Sachanträge wird im Übrigen auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung vom 17.07.2019 (Bl. 66 ff. d.A.) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 04.09.2019 (Bl. 115 d.A.) Bezug genommen.
Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen zur Unterlassung der Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers in den beiden Berichterstattungen sowie zur Tragung anteiliger vorgerichtlicher Anwaltskosten verurteilt. Es hat die Bildberichterstattung - weil der Kläger selbst mit dem berichteten zeitgeschichtlichen Ereignis (Hooligankrawalle während der Fußballweltmeisterschaft 2016) tatsächlich in keinerlei Verbindung gestanden habe - als nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gerechtfertigt angesehen. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG greife mangels Teilnahme des Klägers an einer Versammlung ebenfalls nicht ein. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr sei nicht durch den (streitigen) Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten eines Dritten wegen des Lichtbildes in Wegfall geraten. Ein Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung bestehe hingegen nicht, weil der Kläger weder Widerruf noch Richtigstellung geltend gemacht und erst im Dezember 2018 Klage erhoben habe. Das lange Zuwarten lasse Rückschlüsse auf das Gewicht der Persönlichkeitsrechtsverletzung zu. Etwaiges Verschulden seines 2016 beauftragten Anwalts müsse er sich zurechnen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 66 ff. d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben sich zunächst beide Parteien mit ihren Berufungen gewendet. Nachdem der Senat wegen einer zunächst geplanten Zurückweisung beider Berufungen am 28.10.2019 einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilt hat, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 190 ff. d.A. Bezug genommen wird, haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 18.11.2019 ihre Berufung zurückgenommen. Sie führen nunmehr Anschlussberufung im Umfang der erfolgten Verurteilung.
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die abgewiesenen erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiter. Das Landgericht habe verkannt, dass bei Bildveröffentlichungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung ohnehin geringere Anforderungen gelten (BGH v. 12.12.1995 - VI ZR 223/94, NJW 1996, 985, 986). Es habe bei der Prüfung eines "unabwendbaren Bedürfnisses" zu Unrecht auf erst nach der Veröffentlichung (und damit erst nach der Verletzung) liegende Umstände abgestellt. Ein derartiges eigenständiges Tatbestandsmerkmal finde sich - wie der Senat im erteilten Hinweis erkannt habe - in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht, da diese nur bei den einzelnen Merkmalen - insbesondere beim Vorliegen einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung und der Frage nach einer anderweitigen Ausgleichsmöglichkeit - auf eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles abstelle. Eine solche Abwägung habe das Landgericht hier aber versäumt und die geschilderten - und unter Beweis ge...