Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 3 O 22/19)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 26.11.2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt,

an die Klägerin 9.662,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2019 sowie Zinsen in Höhe von 4 % aus 18.400,00 EUR für die Zeit vom 19.12.2014 bis zum 18.06.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs VW A mit der FIN B zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs VW A mit der FIN B in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz verlangen kann, weil sie ein von dieser hergestelltes Fahrzeug erworben hat, bei dem die von der Beklagten als "Umschaltlogik" bezeichnete Software eingesetzt wurde.

Die Klägerin erwarb am 19.12.2014 einen VW A mit einem Kilometerstand von 78.330 zum Preis von 18.400,00 EUR. In der Folgezeit hat sie dieses Fahrzeug genutzt und nutzt es auch heute noch. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betrug der Kilometerstand 183.451. Die weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge ergeben sich aus dem Urteil des Landgerichts vom 26.11.2019 (Bl. 262 ff. d. A.).

Mit diesem Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte im Wesentlichen zur Leistung von Schadensersatz gemäß § 826 BGB verurteilt. Der ausgeurteilte Schadensbetrag ergibt sich daraus, dass das Landgericht von dem Kaufpreis im Wege der Vorteilsausgleichung einen nach der Formel Kaufpreis × Fahrleistung des Klägers : 250.000 km ermittelten Nutzungsvorteil in Höhe von 6.817,35 EUR abgezogen hat. Den darüber hinausgehenden Zahlungsantrag hat das Landgericht ebenso abgewiesen wie den Antrag der Klägerin, den Kaufpreis gemäß § 849 BGB ab dem Tag der Kaufpreiszahlung zu verzinsen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese ebenfalls form- und fristgerecht begründet. Die Klägerin wendet sich dagegen, dass das Landgericht zu ihren Lasten einen Nutzungsvorteil angerechnet und die Voraussetzungen des § 849 BGB nicht für gegeben gehalten hat.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 26.11.2019 teilweise abzuändern und an sie

weitere 6.817,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von weiteren 1.680,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie

Zinsen in Höhe von 4% aus 18.400,00 EUR seit dem 19.12.2014 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit

zu zahlen und

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der im ursprünglichen Klageantrag zu 1) genannten Zug-um Zug-Leistung in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen sowie

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 26.11.2019 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihre bereits früher schon vertretene Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Kläger nicht vorlägen. Soweit in dem Erwerb des Fahrzeugs durch den Kläger überhaupt ein Schaden gesehen werden könne, sei dieser jedenfalls durch das zwischenzeitlich aufgespielte Software-Update entfallen. Der vom Kläger mit seiner Berufung verfolgte Zinsanspruch bestehe schon deswegen nicht, weil der Kläger als Gegenleistung für den von ihm weggegebenen Kaufpreis die Möglichkeit zur Nutzung des Kraftfahrzeugs erlangt habe. Die in erster Instanz erhobene Einrede der Verjährung hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich nicht aufrecht erhalten.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit es für sie günstig ist, und beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

II. Beide Berufungen sind zulässig und haben teilweise Erfolg. Die Berufung der Klägerin, weil sie Anspruch auf Verzinsung des Kaufpreises gemäß § 849 BGB hat, die Berufung der Beklagten dagegen, weil die Klägerin die Nutzung des Fahrzeugs fortgesetzt hat und sich deshalb der ihr zustehende Schadensersatzanspruch durch weitere Nutzungsvorteile reduziert.

1. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Leistung von Schadensersatz an die Kl...

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