Leitsatz (amtlich)
Der Veranstalter einer Massenveranstaltung – hier einer Karnevalsveranstaltung mit mehr als 10.000 Besuchern – hat im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht zwar alles Zumutbare zu tun, um Unfälle zu vermeiden, insbesondere Flure und Treppen regelmäßig zu reinigen, ist aber nicht verpflichtet, dies auch noch zu tun, wenn am Ende einer solchen Veranstaltungen deren Besucher über die Treppen zum Ausgang strömen. Er ist auch nicht verpflichtet, Behälter aufzustellen, in die Getränkereste entsorgt werden können. Der Besucher einer solchen Veranstaltung muss sich der typischen Risiken (Getränkereste auf Fluren und Treppen) bewusst sein und hierauf einstellen.
Der Beweis des ersten Anscheins für eine mögliche Unfallursache ist dann nicht erbracht, wenn nach der Lebenserfahrung andere Unfallursachen nicht auszuschließen sind.
Normenkette
BGB §§ 276, 823; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 21 O 312/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 10.12.2001 verkündete Urteil des LG Köln – 21 O 312/01 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Gründe
Die Berufung und die mit Schriftsatz vom 15.4.2002 erfolgte Klageerhöhung sind zulässig, jedoch nicht begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz seines materiellen oder immateriellen Schadens aufgrund des Unfalls vom 27.2.2000 zu. Gemeinsame Voraussetzung aller Anspruchsgrundlagen, die hier in Betracht kommen, nämlich sowohl eines Anspruchs auf Ersatz des materiellen Schadens unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo oder der positiven Vertragsverletzung als auch eines Anspruchs auf Ersatz des materiellen und des immateriellen Schadens aufgrund der §§ 823 Abs. 1, 847, 31 BGB, der §§ 823 Abs. 2, 847, 31 BGB, 230 StGB oder der §§ 831, 847 BGB wäre, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hätte und der Sturz des Klägers hierauf beruhte. Diese Voraussetzungen sind aus zwei Gründen nicht erfüllt:
Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt und der Kläger ist beweisfällig dafür geblieben, dass eine feuchte Stelle in Treppennähe bzw. auf einer Treppenstufe kausal für den von ihm vorgebrachten Sturz gewesen ist.
I. Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Sie war und ist als Betreiberin der Veranstaltung „Lachende Kölnarena” allerdings verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um die Sicherheit des Verkehrs in der Kölnarena während der Dauer der Veranstaltung zu gewährleisten. Diese Pflicht erstreckt sich auch darauf, die Fußböden der dem Publikumsverkehr gewidmeten Räume während der Veranstaltung – soweit möglich – frei von Gefahren zu halten. Hierzu dürfen die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten bei einer Massenveranstaltung sicher nicht zu niedrig angesetzt werden. Die vom Kläger hierzu aufgestellten Anforderungen sind jedoch teilweise überzogen und nicht praktikabel und wären zum anderen nicht geeignet gewesen, den behaupteten Schadenseintritt zu verhindern. Im einzelnen:
a) Ob es organisatorisch überhaupt möglich wäre, die Rücknahme der verkauften Fässer am Ende der Veranstaltung so zu organisieren, dass die Personen, die Fässer zurückgeben wollen, von dem Strom der Besucher, die die Veranstaltung verlassen, räumlich oder zeitlich getrennt werden, erscheint fraglich, kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Gerichtsbekannt nimmt ein großer Teil der Besucher der Veranstaltung „Lachende Kölnarena” seine eigenen Bierfässer und Getränke mit; dementsprechend hat auch der Kläger auf Bl. 2 seiner Klageschrift noch vorgebracht, dass bei dieser Veranstaltung erstmals auch Fässer Bier an die Besucher zur Selbstbedienung verkauft worden seien. Nimmt jedoch ein Großteil der Besucher seine eigenen Bierfässer und Getränke mit, dann kann die Beklagte nicht verhindern – wie das LG zutreffend ausführt –, dass die Besucher ihre eigenen, mitgebrachten und ebenfalls nicht immer ganz leeren Bierfässer auf dem selben Wege mit nach draußen nehmen, auf dem sie den Veranstaltungsort verlassen.
b) Selbst wenn die Beklagte zu jedem in der Arena verkauften Faß einen Plastikverschluss mit dem Hinweis überreicht hätte, das Faß am Ende der Veranstaltung vor dem Rücktransport damit zu verschließen, wäre nach der Lebenserfahrung nur ein geringer Teil der zwischen 10.000 und 15.000 Besucher nach einer mehrstündigen ausgelassenen Karnevalsveranstaltung mit nicht unerheblichen Alkoholkonsum, so diszipliniert gewesen, einen zu Beginn der Veranstaltung erhaltenen Plastikverschluss am Ende – wenn sie ihn überhaupt noch gefunden hätten – zu verwenden.
c) Ebensowenig wäre es sinnvoll gewesen, Sammelbehältnisse für Bierreste aufzustellen; denn nach der Lebenserfahrung ist nicht anzunehmen, dass nach einer solchen Karnevalsveranstaltung die Teilnehmer ihr nicht getrunkenes B...