rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Anwaltswerbung: „Ihre Rechtsfragen sind unsere Aufgabe”
UWG §§ 1, 13; BRAO § 43b; Berufsordnung der Rechtsanwälte (BO) § 6 1. Rechtsanwälte sind als „Gewerbetreibende” i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift bei Wettbewerbsverstößen anderer Anwälte klagebefugt. 2. Werben Rechtsanwälte in einer sich an das Publikum wendenden Zeitschrift (hier: Anzeigenblatt) mit der Aussage „Ihre Rechtsfragen sind unsere Aufgabe” liegt hierin eine wettbewerbsrechtlich unzulässige sog. Qualitäts- und nicht lediglich eine (erlaubte) sachliche Informationswerbung. 3. Mitglieder einer Anwaltssozietät, die von der beabsichtigten Schaltung einer wettbewerbsrechtlich unzulässigen Werbung für die Sozietät Kenntnis haben, sind gehalten eine solche zu verhindern. 4. Zur Frage des Wegfalls der Wiederholungsgefahr bei unzulässiger Anwaltswerbung und späterem Ausscheiden von Mitgliedern der werbenden Sozietät.
Normenkette
UWG §§ 1, 13; BRAO § 43b; BO § 6
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 30.12.1997; Aktenzeichen 41 O 181/97) |
Nachgehend
Tenor
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.12.1997 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen – 41 O 181/97 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Tenor des erstinstanzlichen Urteils wie folgt neu gefaßt wird:
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Zeitungsinseraten mit der Angabe ‚Ihre Rechtsfragen sind unsere Aufgabe’ wie nachstehend wiedergegeben zu werben:
pp.
2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.) Die Beschwer der Beklagten zu 1), 2) und 3) beträgt jeweils nicht über 60.000,– DM.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Den Klägern steht der Unterlassungsanspruch in der nunmehr geltendgemachten Fassung zu.
Die Klage ist zunächst zulässig. Insbesondere sind die Kläger gem. § 13 Abs.2 Ziff.1 UWG klagebefugt. Sie sind wie die Beklagten als Rechtsanwälte in E. niedergelassen und damit im Sinne der Vorschrift „Gewerbetreibende”, die auf demselben örtlichen Markt tätig sind. Der Senat sieht zu der insoweit eindeutigen Rechtslage von weiteren Ausführungen ab, weil die Beklagten selbst die Klagebefugnis der Kläger nicht mehr in Abrede stellen.
Die Klage ist auch aus §§ 1, 13 Abs.2 Ziff.1 UWG, 43 b BRAO, 6 Berufsordnung für Rechtsanwälte (BO) begründet. Die angegriffene Werbung verstößt gegen § 43 b BRAO i.V.m. § 6 BO und ist daher gem. § 1 UWG sittenwidrig und zu unterlassen. Die aus dem Verstoß resultierende Wiederholungsgefahr ist nicht entfallen und der mithin bestehende Unterlassungsanspruch richtet sich schließlich gegen alle 3 Beklagten, weil auch die Beklagten zu 2) und 3) für die Anzeige wettbewerbsrechtlich einzustehen haben.
I
Die Aussage ”Ihre Rechtsfragen sind unsere Aufgabe” ist den Beklagten auf Grund der §§ 43 b BRAO, 6 BO untersagt, weil es sich nicht um eine erlaubte Informationswerbung, sondern um eine allgemeine Anpreisung ohne sachlichen Inhalt handelt, die nach den vorgenannten Bestimmungen Rechtsanwälten nicht gestattet ist.
Die Aussage stellt zunächst entgegen der in erster Instanz von den Beklagen geäußerten Auffassung Werbung dar. Unter Werbung ist eine Tätigkeit zu verstehen, die unter planmäßiger Anwendung beeinflussender Mittel darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung desjenigen, für den geworben wird, in Anspruch zu nehmen (BGH NJW 92,45; Henssler/Prütting-Eylmann, BRAO § 43 b RZ 17). Diese Voraussetzungen liegen vor: durch den Slogan sollten die angesprochenen Leser der Zeitung dazu veranlaßt werden, im Bedarfsfalle die Dienste gerade der Beklagten in Anspruch zu nehmen. Dies ist auch planmäßig geschehen, weil der Slogan eben gerade und ausschließlich zu diesem Zweck in die Anzeige aufgenommen worden ist.
Rechtsanwälte dürfen allerdings – wie das Bundesverfassungsgericht in seinem u.a. in NJW 88,194 veröffentlichten Beschluß vom 14.7.1987 entschieden hat – Werbung betreiben. Diese Werbung muß indes als Informationswerbung eine – in sachlicher Form artikulierte – Aussage mit tatsächlichem Inhalt zum Gegenstand haben. Das ergibt sich ohne weiteres aus den vorzitierten Bestimmungen, die ihrerseits im Einklang mit der erwähnten verfassungsgerichtlichen Entscheidung stehen.
So besagt zunächst der Wortlaut des nach der verfassungsgerichtlichen Entscheidung in Kraft getretenen § 43 b BRAO, daß ”Werbung … nur erlaubt (ist), soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet …”. Entgegen der Auffassung der Beklagten besagt schon diese Formulierung des Gesetzes gerade nicht, daß dem Rechtsanwalt jede Werbung er...