Leitsatz (amtlich)
1. Haben mehrere gegenüber der ein Darlehen gewährenden Bank als Gesamtschuldner Sicherheiten gestellt (hier: der Kläger durch Bewilligung eines Grundpfandrechts, die Beklagte durch Übernahme einer Bürgschaft), so scheidet die Inanspruchnahme des einen Gesamtschuldners durch den anderen, aus dessen Sicherheit sich die Bank befriedigt hat, aus, wenn des Sicherungsgeschäft des einen (hier: die Bürgschaft) nichtig ist.
2. Die Grundsätze über die Sittenwidrigkeit von Bürgschaften einkommensschwacher Angehöriger gelten auch für eine Schwester des Darlehensnehmers, die in dessen Gaststätte als Arbeitnehmerin arbeitet; dies gilt auch, wenn die Geschwister nicht in besonderer Weise vertrauensvoll zusammen leben.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, §§ 426, 774 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 07.12.1999; Aktenzeichen 9 O 248/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.12.1999 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen – 9 O 248/99 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.8.1998 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden aus dem Unfall vom 6.9.1996 auf der Straße B. in St. zu 30 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen; ferner wird festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger die aus dem genannten Unfall resultierenden, nach dem 30.6.2000 entstehenden immateriellen Zukunftsschäden unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 70 % zu ersetzen hat.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 70 %, der Beklagte zu 30 % zu tragen; die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 80 %, dem Beklagten zu 20 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Das LG hat einen Anspruch des Klägers dem Grunde nach zu Recht bejaht; der Kläger kann indes nicht nur 10 %, sondern 30 % des ihm aufgrund des Unfalls vom 6.9.1996 entstandenen Schadens verlangen; ihm ist dem gem. auch ein höheres als das vom LG ausgeurteilte Schmerzensgeld zuzuerkennen.
1. Zur Haftung dem Grunde nach gilt Folgendes:
a) Da der Kläger seinen Anspruch gegen den Beklagten als Fußgänger nur auf unerlaubte Handlung (§§ 823, 847 BGB) stützen kann, muss er eine schuldhaft verursachte Körperverletzung darlegen und beweisen. Das LG nimmt an, der Beklagte habe sich im Unfallzeitpunkt 1m auf der Fahrbahn befunden und deshalb gegen § 25 Abs. 3 StVO verstoßen. Was das für ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten besagen soll, ist nicht genau gesagt. Gemeint ist wohl, der Beklagte habe die Fahrbahn nicht trotz des herannahenden Klägers betreten bzw. diesen nicht durch einen weiteren Schritt in Richtung Fahrbahnmitte zu Fall bringen dürfen. Wenn dies festgestellt werden kann, muss in der Tat eine schuldhaft verursachte Körperverletzung bejaht werden. Der Beklagte durfte die Fahrbahn nur betreten bzw. sich nur weiter in Richtung Fahrbahnmitte bewegen, wenn er sich überzeugt hatte, dass kein Fahrzeugverkehr nahte, der dadurch, dass er die Fahrbahn betrat, gefährdet wurde. Für die die Haftung auslösende Fahrlässigkeit genügt dabei schon eine kleine Unaufmerksamkeit.
b) Der Senat folgt der Auffassung des LG, dass nach den Umständen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein fahrlässiges Verhalten des Beklagten festgestellt werden muss. Zwar hat kein Zeuge bekunden können, wie sich der Zusammenprall genau abgespielt hat. Die Aussage des Zeugen H. klingt zunächst gar so als habe der Kläger den Beklagten, der am linken Fahrbahnrand ging, angefahren. Bei lebensnaher Betrachtung müssen die Zeugenaussagen aber mit dem LG dahin verstanden werden, dass der Beklagte unmittelbar vor dem Zusammenprall eine Bewegung in Richtung Straßenmitte gemacht hat. Dass sich der Kläger in diesem Moment bereits unmittelbar im Bewegungsbereich des Klägers befand und dass es durch die Bewegung des Beklagten zu dem Zusammenprall kam, ergibt sich aus dem Unfallhergang.
2. Der Beklagte haftet nur in eingeschränktem Umfang, weil den Kläger an der Entstehung des Unfalls ein Mitverschulden trifft (§ 254 Abs. 1 BGB). Auch dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund der Umstände des Falles und des Ergebnisses der Beweisaufnahme fest. Danach ist der Kläger auf die Jugendgruppe nicht in einer die Gefährdung der Jungen und die eigene Gefährdung ausschließenden Weise zugefahren, obwohl er eine mögliche Gefährdung erkannt hat und dem durch eine andere Fahrweise hätte Rechnung tragen können.
a) Das LG stellt einen Verstoß des Klägers gegen § 2 Abs. 2 StVO, wonach möglichst weit rechts zu fahren ist, fest. Richtig daran ist, dass der Kläger nach den Umständen weiter rechts hätte fahren können, als er es getan hat, und dass es dann zu dem Unfall nicht gekommen wäre. Die Fahrbahn ist an der Unfallstelle 6,7m breit. Das Fah...