Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragliches Aufrechnungsverbot
Leitsatz (amtlich)
Die bloße Abrede, eine fällige Versicherungsleistung statt auf ein (im Soll stehendes) Konto des Versicherungsnehmers zu überweisen, mittels Schecks zu bezahlen, beinhaltet nicht zugleich ein Verbot des Versicherers, gegen die im Falle der weisungswidrigen Überweisung des Betrags fortbestehende Forderung mit dem aufgrund der Kontogutschrift entstandenen Bereicherungsanspruch aufzurechnen.
Normenkette
BGB § 818
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 12.03.2004; Aktenzeichen 9 O 573/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.3.2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen - 9 O 573/03 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage mit dem Hauptvorbringen (nochmalige Zahlung des Rückkaufswertes) unter Verneinung eines zu Lasten der Beklagten bestehenden Aufrechnungsverbotes abgewiesen worden ist.
Gründe
I. Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Lebensversicherung. Sie kündigte die Versicherung und vereinbarte mit der Beklagten, dass der Rückkaufwert per Scheck ausgezahlt werden solle. Die Beklagte überwies den Rückkaufwert i.H.v. 9.128,30 EUR jedoch aufgrund eines Versehens auf das im Soll stehende Girokonto der Klägerin bei der X-Bank O e.G., die den Betrag mit Forderungen gegen die Klägerin verrechnete. Eine von der Klägerin geforderte nochmalige Auszahlung des Rückkaufswertes durch Verrechnungsscheck lehnte die Beklagte ab.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, durch die Überweisung auf das Konto der X-Bank O e.G. sei keine Erfüllung eingetreten, so dass die Beklagte nach wie vor zur Zahlung des Rückkaufswertes verpflichtet sei. Die Weisung, den Betrag per Scheck auszuzahlen, habe sie - so hat die Klägerin zunächst vorprozessual und auch noch in der Klageschrift vorgetragen - deshalb erteilt, weil sie "dringende Verpflichtungen und Verbindlichkeiten bei Sozialkassen" zu erfüllen gehabt habe. Mit Schriftsatz vom 20.1.2004 hat sie vorgetragen, sie hätte den Rückkaufswert an Herrn W L als Abfindungsbetrag für ihm ggü. bestehende Verbindlichkeiten i.H.v. ca. 150.000 EUR gezahlt; mit einer solchen Abfindungszahlung sei Herr L einverstanden gewesen. Mit Schriftsatz vom 9.3.2004 hat sie dargelegt, mit dem Rückkaufswert hätten sowohl Verbindlichkeiten ggü. den Sozialkassen als auch die Forderungen des Herrn L befriedigt werden sollen. Zunächst wären rückständige Sozialbeiträge beglichen worden; der Restbetrag hätte als Abfindung für die Forderungen des Herrn L gedient. Mit Rücksicht darauf, dass die beabsichtigte Abfindungszahlung an Herrn L nicht erbracht werden konnte, hat die Klägerin hilfsweise von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des eingeklagten Betrages verlangt.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.128,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat hilfsweise Widerklage erhoben mit dem Antrag, die Klägerin zu verurteilen, an sie 9.354,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat gemeint, die Forderung der Klägerin sei durch die Überweisung auf deren Konto erloschen. Zumindest aber könne sie gegen einen Anspruch der Klägerin auf nochmalige Zahlung mit einem Anspruch auf Rückerstattung des bereits durch Überweisung geleisteten Rückkaufswertes aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung aufrechnen; sie hat mit Schriftsatz vom 16.12.2003 die Aufrechnung erklärt. Sie hat ferner mit Nichtwissen bestritten, dass Herrn L Forderungen gegen die Klägerin in einer Gesamthöhe von 150.000 EUR zustünden.
Die Klägerin hat beantragt, die Hilfswiderklage abzuweisen.
Das LG hat die Klage mit Urt. v. 12.3.2004, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zwar sei der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Rückkaufswertes nicht durch die Überweisung des Betrages auf das Konto der Klägerin bei der X-Bank O e.G. erfüllt worden, weil die Zahlung nicht abredegemäß per Scheck erfolgt sei. Allerdings habe die von der Beklagten erklärte Aufrechnung zum Erlöschen der Forderung der Klägerin geführt. Den Einwand der Entreicherung könne die Klägerin insoweit nicht erheben, weil sie durch die Überweisung i.H.v. 9.128 EUR von ihren Verbindlichkeiten ggü. der X-Bank O e.G. befreit worden sei. Schadensersatz könne sie von der Beklagten nicht verlangen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Klageantrag weiterverfolgt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagten ein unmittelbarer Bereich...