Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Spielothek
Leitsatz (amtlich)
Zu den Kriterien der Schmerzensgeldbemessung.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 278 i.V.m. § 249 Abs. 2, § 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, §§ 842, 843 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 07.10.2005; Aktenzeichen 10 O 46/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.10.2005 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Aachen - 10 O 46/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.454,12 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 19.177,87 EUR seit dem 1.12.2004, aus weiteren 3.015 EUR seit dem 1.1.2006 und aus weiteren 2.261,25 EUR seit dem 20.6.2006 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen Schaden aus dem Unfallgeschehen vom 14.2.2004 in den Räumlichkeiten der Spielhalle N, Q-Straße 32-34 in B zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu ¼, die Beklagte zu ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der jetzt 79 Jahre alte Kläger (geboren am 10.12.1926) begehrt von der Beklagten Schadensersatz, Schmerzensgeld und die Feststellung künftiger Ersatzverpflichtung wegen einer behaupteten Verletzung von Verkehrssicherungspflichten innerhalb einer Spielhalle.
Die Beklagte betreibt in B eine Spielhalle. Der Kläger hatte sich dort am 14.2.2004 vormittags zum Spielen aufgehalten. Nach Verlassen einer Spielkabine ist er über ein auf dunklem Teppichboden liegendes schwarzes Staubsaugerkabel gestürzt. Dabei hat der Kläger, dessen rechter Arm durch eine im Krieg erlittene Verletzung versteift ist, sich u.a. einen Bruch der linken Schulter zugezogen. Der Kläger hat sich bis zum 5.3.2004 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden und ist anschließend von mehreren Ärzten ambulant weiterbehandelt worden. Der verletzte linke Arm wird voraussichtlich unfallbedingt ebenfalls bewegungsbeeinträchtigt bleiben; wegen der Einzelheiten wird auf die ärztlichen Berichte Blatt 36, 38 d.A. Bezug genommen.
Die Beklagte hat in erster Instanz eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten in Abrede gestellt und hat einzelne der vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen bestritten. Streitig waren zum Hergang des Unfalls im Wesentlichen die Beleuchtungsverhältnisse zum Unfallzeitpunkt. Darüber hinaus hat die Beklagte eingewandt, der Kläger habe die am Vormittag durchgeführten Reinigungsarbeiten innerhalb der Spielhalle wahrgenommen; er sei von der damals dort tätigen Reinigungskraft, der Zeugin N, ausdrücklich auf den Staubsauger und das Staubsaugerkabel aufmerksam gemacht worden.
Wegen des weiteren Parteivorbringens in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 7.10.2005 verwiesen (Blatt 57 ff., 58, 59 GA).
Das LG hat die Klage durch Urteil vom 7.10.2005, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Dabei hat es zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass nach dem eigenen Vorbringen des Klägers die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch Mitarbeiter der Beklagten nicht anzunehmen sei. Das am Boden liegende Kabel habe keine derartige Gefahrenquelle dargestellt, dass besondere Hinweise oder Maßnahmen erforderlich gewesen wären.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit er seinen erstinstanzlichen Schadensersatzantrag erweitert und nunmehr auch Feststellung künftiger Ersatzverpflichtung zu Lasten der Beklagten begehrt. Er beanstandet, dass das LG die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht zu gering angesetzt habe, da das Staubsaugerkabel bei den innerhalb der Spielhalle herrschenden Lichtverhältnissen und mit Rücksicht auf die dunkle Bodenfarbe, den schwarz eingesprenkelten Teppichboden, kaum zu erkennen gewesen wäre und ein tückisches Hindernis dargestellt habe. Auch sei es nicht richtig, dass er von einer Mitarbeiterin der Beklagten vor dem Kabel gewarnt worden sei; vielmehr seien die Reinigungsarbeiten beim Verlassen der Kabine bereits beendet gewesen.
Der Kläger hat als materiellen Schaden zunächst einen Betrag von 18.526,69 EUR begehrt; er hat insb. wegen seiner besonderen Pflegebedürftigkeit nach Entlassung aus dem Krankenhaus Kosten für ergänzende häusliche Pflege unter Berücksichtigung der von der Pflegekasse B nach der Pflegestufe I gewährten Unterstützungsleistungen geltend gemacht. Er hat den Betrag der materiellen Schäden im Verlaufe des Berufungsverfahrens mehrfach erweitert. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Inhalt der Klageschrift sowie der Berufungsbegründung vom 6.1.2006 (Blatt 83 ff. d.A.) sowie die Schriftsätze vom 21.3.2006 (Blatt 115 ff. d.A.), vom 13.6.2006 (Blatt 172 f. d.A.) und vom 6.9.2006 (Bla...