Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 07.06.2001; Aktenzeichen 24 O 461/00)

 

Gründe

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 I ZPO a.F. abgesehen.)

Die zulässige, insbesondere statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Lediglich aus Gründen der Klarstellung bedurfte der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung einer geringfügigen Abänderung.

I. Zahlungsanspruch

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 6.747,53 EUR (13.197,02 DM) zzgl. Zinsen aus § 1 I VVG in Verbindung mit §§ 1, 2, 14, 24 III Ziff. 1 ARB 75 bzw. aus §§ 284 I, 288 I BGB.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger Ende 1990 mit der Beklagten einen Vertrag über eine Rechtsschutzversicherung für Gewerbetreibende und freiberuflich Tätige geschlossen hat, dass es zwei Nachträge gibt und dass vereinbarungsgemäß die ARB 75 zur Anwendung kommen. Es ist von der Beklagten weiterhin nicht bestritten worden, dass die Versicherung am 14.11.1990 begann und am 6.4.2000 um 0:00 Uhr ablief. Wie sich aus der Anlage zum Nachtrag 02 ergibt, gehört zu den versicherten Einzelwagnissen auch Vertrags-Rechtsschutz nach § 24 III Ziff. 1 ARB 75, d. h. die gerichtliche Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen.

Der Versicherungsfall ist vorliegend eingetreten. In der Rechtsschutzversicherung tritt der Versicherungsfall ein, wenn ein Vorgang im Sinne des § 14 ARB 75 in dem durch den Vertrag erfassten Deckungsbereich stattgefunden hat und die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherungsnehmers und damit die Aufwendung von Rechtskosten notwendig macht (Harbauer, RSVers, 5. Aufl. § 14 ARB Rn 3). Hier kommt § 14 III ARB 75 zur Anwendung, da die spezielleren Fälle der Absätze 1 und 2 - Schadensersatz-Rechtsschutz bzw. Straf-Rechtsschutz - nicht einschlägig sind. § 14 III ARB 75 definiert den Eintritt des Versicherungsfalls als den Zeitpunkt, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Der Versicherungsfall trat damit vorliegend ein, als die Vertragspartner des Klägers, die s. GmbH und die H.-u. V.bk.AG, die Betriebsarztverträge vom 24.11.1999 und 7.12.1999 mit Schreiben vom 21.2. bzw. 22.2.2000 kündigten und den Dienstlohn nicht länger zahlten. Zu diesem Zeitpunkt war der Versicherungsschutz in zeitlicher Hinsicht noch nicht abgelaufen.

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger einen Vorschuss in Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die vom Versicherer geschuldete Leistung nach Eintritt des Versicherungsfalles beschreibt § 1 I 1 ARB 75 als Sorge für die notwendige Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers und die Tragung der hierbei entstehenden Kosten. Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen ist "notwendig", wenn sie "hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint". Der insoweit anzulegende Maßstab entspricht dem des § 114 ZPO. Hinreichender Erfolg kann demnach grundsätzlich angenommen werden, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Versicherungsnehmers für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Einer detaillierten Prüfung der Erfolgsaussichten in diesem Sinne bedarf es vorliegend indes nicht, weil ein beide Seiten bindender Stichentscheid des klägerischen Rechtsanwalts nach § 17 II ARB 75 vorliegt.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 4.4.2000 Kostenschutz abgelehnt und begründet, warum aus ihrer Sicht die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Kläger hat daraufhin seinen Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 5.4.2000 eine "begründete Stellungnahme" im Sinne des § 17 II ARB 75 abgeben lassen. Diese lässt hinreichend deutlich erkennen, in welchen Punkten der Rechtsanwalt die Auffassung der Beklagten für unzutreffend hält. Er kommt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete hinreichende Aussicht auf Erfolg und sei nicht mutwillig.

Allerdings ist ein anwaltlicher Stichentscheid nach § 17 II 2 ARB 75 nicht bindend, wenn er "offenbar von der wirklichen Sach- oder Rechtslage erheblich abweicht". "Offenbar" ist eine Abweichung, die sich einem Sachkundigen, wenn auch vielleicht erst nach gründlicher Prüfung, mit aller Deutlichkeit aufdrängt. "Erheblich" ist sie, wenn die Stellungnahme des Rechtsanwalts die Sach- oder Rechtslage "gröblich" verkennt (Prölss/Martin, VVG 26. Aufl., ARB 75 § 17 Rn 9; Harbauer, RSVers, § 17 ARB Rn 15). Offenbare Unrichtigkeit ist beispielsweise in Fällen bejaht worden, in denen der behauptete Sachverhalt die begehrte Rechtsfolge von vornherein nicht rechtfertigen konnte oder nicht ausreichte, um den Tatbestand der Anspruchsnorm zu erfüllen, in denen ein wesentlicher Umstand außer Acht gelassen wurde, in denen der Rechtsanwalt Tatsachen unterstellt hat, die der Versicherungsnehmer nicht vorgetragen hatte oder eindeutig gegebene T...

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