Leitsatz (amtlich)

Die Hinfahrt zum Ort der Güteraufnahme und die Rückfahrt vom Zielort zur Betriebsstätte sind als Einheit und damit als versicherter Betriebsweg nach § 8 Abs. 1 SGB VII zu sehen, so dass der Haftungsausschluss nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII eingreift.

 

Normenkette

SGB VII § 8 Abs. 1; SGB VII § Abs. 2 Nr. 1–4; SGB VII § 105 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 2 O 656/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Köln vom 21.6.2001 – Az.: 2 O 656/00 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO in der am 31.12.2001 gültigen und nach § 26 Nr. 5 EGZPO weiter anzuwendenden Fassung abgesehen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Ob die Voraussetzungen für einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers gegen die Beklagte gem. § 847 BGB vorliegen, kann dahinstehen. Eine Haftung der Beklagten scheidet jedenfalls nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII aus, denn der Kläger befand sich nicht auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1–4 SGB VII versicherten Weg.

Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII ist eine Person, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebes verursacht, zum Ersatz des Personenschadens nach anderen gesetzlichen Vorschriften nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1–4 SGB VII versicherten Weg verursacht hat. Die Haftungseinschränkung des § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII gilt nicht nur für Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB, sondern auch für den Schmerzensgeldanspruch aus § 847 BGB (zuletzt BAG NJW 2001, 2039 f.; vgl. auch Schmitt, SGB VII, § 104 Rz. 14). Da aufgrund dieser gesetzlichen Haftungseinschränkung eine Haftung der Frau H. ausscheidet, kann auch die Beklagte als Haftpflichtversicherung nicht in Anspruch genommen werden.

Die Verletzung des Klägers stellt für diesen einen Arbeitsunfall und damit einen Versicherungsfall nach § 7 Abs. 1 SGB VII dar. Dies wurde durch die zuständige Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 24.9.2001 – Az.: 6 00 01 894 N – festgestellt. An diese Entscheidung ist der Senat nach § 108 Abs. 1 SGB VII gebunden.

Frau H. war auch Versicherte desselben Betriebes wie der Kläger. Beide waren im Transportunternehmen der Ehefrau des Klägers beschäftigt.

Der Unfall ist durch eine betriebliche Tätigkeit der Frau H. – unterstellt, sie habe das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt geführt- verursacht worden. Betriebliche Tätigkeit ist grundsätzlich gleichzustellen mit versicherter Tätigkeit gem. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII (BAG NJW 2001, 2039 f.). Maßgeblich für die Zuordnung zum Kreis der versicherten Tätigkeiten ist dabei die Betriebsbezogenheit der Handlung. Diese ist gegeben, wenn die Handlung in einem inneren Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit steht (st. Rspr., vgl. zuletzt BSG v. 24.2.2000 – B 2 U 20/99 R, NJW 2000, 2836 f.; NJW 2002, 84 f. jeweils m.w.N.; Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 2, 1996, § 30 Rz. 13 ff.). Der Unfall ereignete sich auf einer Kuriertransportfahrt vom Flughafen L. nach H. während Frau H. ihrer nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit als Kurierfahrerin nachging. Auf die Frage, ob die Fahrt auch für den Kläger eine betriebliche Tätigkeit darstellte, kommt es für das Merkmal der betrieblichen Tätigkeit des Schadensverursachers nach dem Wortlaut von § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII nicht an.

Auch die Mitnahme des Klägers führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, selbst wenn sie aus Gefälligkeit erfolgt sein sollte. Eine betriebliche Tätigkeit liegt auch dann noch vor, wenn bei ihrer Gelegenheit private Dinge miterledigt werden, die jedoch nach dem Gesamtbild der Fahrt nach Anlass und Grund nicht überwiegen bzw. nur eine untergeordnete Rolle spielen (OLG Bamberg DAR 1977, 326 [327]; LG Marburg VersR 1975, 372; Rolfs, NJW 1996, 3177 [3179]). Nach BGH VersR 1971, 564 ist auch die Mitnahme eines Arbeitskollegen aus Gefälligkeit auf einer Dienstfahrt immer noch als betriebliche Tätigkeit anzusehen, wenn die Fahrt nicht zu privaten Zwecken, sondern ausschließlich zur Erledigung betrieblicher Geschäfte unternommen wurde. So liegt es hier. Die Mitnahme des Klägers nach L. erfolgte ausschließlich in betrieblichem Interesse, der nach eigenem Vortrag Frau H. einen Schleichweg über die Grenze nach L. zeigen sollte. Die Fahrt von L. in Richtung K. erfolgte ebenso aus betrieblichem Anlass. Sie diente ausschließlich dem Zweck, die Ladung an ihren Bestimmungsort nach H. zu bringen. Die Mitnahme des Kläger erfolgte danach nur, weil K. zufällig auf der Wegstrecke lag.

Dem steht nicht die Überlegung entgegen, dass der Kläger Ersatz für seinen immateriellen Schaden erhalten hätte, wenn er auf andere Art und Weise von einem Dritten mitgenommen worden wäre und sich auf dieser Fahrt ein Unfall ereignet hätte. Diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigt sich gerade aus dem Sinn und Zweck von § 105 Ab...

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