Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenstandssache, Eintragung in das Geburtenbuch, Vorname "Kiran"
Leitsatz (amtlich)
Für ein Mädchen deutscher Staatsangehörigkeit mit Lebensmittelpunkt in Deutschland, welches der Ehe einer Mutter mit deutscher Staatsangehörigkeit und einem indischen Vater entstammt, kommt die ausschließliche Bestimmung des Vornamens "Kiran" nicht in Betracht, weil er das Geschlecht des Trägers nicht eindeutig bezeichnet.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2; BGB § 1626
Verfahrensgang
LG Memmingen (Beschluss vom 17.11.2006; Aktenzeichen 4 T 1472/06) |
AG Memmingen (Beschluss vom 31.07.2006; Aktenzeichen 24 UR III 15/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Der Beschluss des LG Memmingen vom 17.11.2006 wird in Ziff. I bis III aufgehoben.
II. Die Beschwerde der Beteiligten vom 17.8.2006 gegen den Beschluss des AG Memmingen vom 31.7.2006 wird zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte ist am 21.4.2006 in G. geboren. Die Eltern des Kindes, die weiteren Beteiligten zu 1 und 2, beabsichtigen, ihrem Kind den alleinigen Vornamen "Kiran" zu geben. Der Standesbeamte der Stadt G. bat die Eltern, für das Kind einen zweiten Vornamen zu bestimmen, welcher das Geschlecht eindeutig erkennen lässt, da der Vorname "Kiran" sowohl Personen männlichen als auch weiblichen Geschlechts gegeben werden könne. Die Aufsichtsbehörde des Standesbeamten, der Beteiligte zu 3, legte die Zweifelsfrage gem. § 45 Abs. 2 PStG dem AG M. zur Entscheidung vor. Mit Beschluss vom 31.7.2006 stellte dieses fest, dass die Eintragung des Vornamens "Kiran" für die Beteiligte in das Geburtenbuch ohne weiteren, auf das Geschlecht des Kindes hinweisenden Vornamen nicht zulässig ist. Hiergegen legte die Beteiligte, vertreten durch ihre Eltern, mit Schriftsatz vom 17.8.2006 sofortige Beschwerde ein. Das AG M. half der Beschwerde nicht ab. Durch Beschluss des LG M. vom 17.11.2006 wurde der Standesbeamte der Stadt G. angewiesen, für die Beteiligte den Namen "Kiran" als alleinigen Vornamen im Geburtenbuch einzutragen.
Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 3 als Aufsichtsbehörde sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Das Recht, einem Kind einen Vornamen zu geben, steht den Sorgeberechtigten zu. Der Vorname sei u.a. dazu bestimmt, ihn von anderen Personen mit demselben Familiennamen zu unterscheiden. Außerdem soll er das Geschlecht des Namensträgers kenntlich machen. Daher sei es nahezu unbestritten, dass der Vorname das Geschlecht des Trägers offenkundig zu bezeichnen habe. Dies sei im konkreten Fall gewährleistet, weil der Name "Kiran" bei den Hindus, zu denen die Eltern der Beteiligten zählen, ein weiblicher Vorname sei. Dem stehe nicht entgegen, dass in anderen Kulturkreisen in Indien der Name "Kiran" auch als männlicher Vorname benutzt werde. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles sprächen dafür, den Namen "Kiran" als alleinigen Vornamen für die Betroffene zuzulassen. Es sei in den letzten Jahrzehnten immer gebräuchlicher geworden, dass deutsche Eltern ihren Kindern ausländische Namen geben. Des Weiteren gebe es eine Vielzahl ausländischer Mitbürger und eine Zunahme gemischt-nationaler Familien, in welchen Vornamen geführt werden, die hier keinerlei Tradition hätten und für die der deutsche Sprachgebrauch keinerlei Geschlechtsbezogenheit aufweise. Die Eltern der Beteiligten seien beide Hindus und indischer Abstammung. Die Mutter sei deutsche Staatsangehörige, der Vater Inder. Beide Eltern fühlten sich ihrem Kulturkreis, aus dem sie herkommen, noch stark verbunden. Nach der Hindi-Tradition und deren Religion sei es nicht zulässig, zwei Namen zu vergeben. Ein vom Standesamt geforderter weiterer Vorname würde die Eltern zum Verstoß für sie verbindlicher religiöser Gebote veranlassen. Der von den Eltern gewählte Name entspreche dem Kindesinteresse. Ungeachtet der deutschen Staatsangehörigkeit lebe es mit seinen aus dem indischen Kulturkreis stammenden Eltern zusammen. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die Familie wieder nach Indien zurückgehe.
2. Diese Ausführungen halten nicht in jeder Hinsicht rechtlicher Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
Die Beteiligte und ihre Mutter sind deutsche Staatsangehörige, der Vater besitzt die indische Staatsangehörigkeit. Die Bestimmung des Vornamens der Beteiligten bestimmt sich deshalb in jedem Fall nach deutschem Recht (Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB)
a) Das Recht, einem Kind Vornamen zu geben, steht den Sorgeberechtigten zu (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1626 BGB). Allgemein verbindliche Vorschriften über die Wahl und die Führung von Vornamen gibt es nicht (BayObLG v. 13.12.1983 - BReg.1 Z 79/83, MDR 1984, 493 = BayObLGZ 1983, 305/306). Die Entscheidung, welchen Namen das Kind tragen soll, haben die Eltern in Ausübung der Ve...