Leitsatz
Aus der Ehe einer deutschen Staatsangehörigen und eines indischen Staatsangehörigen war am 21.4.2006 eine Tochter hervorgegangen. Die Eltern des Kindes beabsichtigten, ihrer Tochter den alleinigen Vornamen "Kiran" zu geben. Der Standesbeamte bat die Eltern, für das Kind einen zweiten Vornamen zu bestimmen, welcher das Geschlecht eindeutig erkennen lasse, da der von ihnen gewählte Vorname sowohl Personen männlichen als auch weiblichen Geschlechts gegeben werden könnte.
Die Aufsichtsbehörde des Standesbeamten legte die Zweifelsfrage gem. § 45 Abs. 2 PStG dem AG zur Entscheidung vor, das mit Beschluss vom 31.7.2006 feststellte, dass die Eintragung des Vornamens "Kiran" in das Geburtenbuch ohne weiteren, auf das Geschlecht des Kindes hinweisenden Vornamen, nicht zulässig sei.
Hiergegen legte das Kind, vertreten durch seine Eltern, sofortige Beschwerde ein, der das AG nicht abhalf. Durch Beschluss des LG vom 17.11.2006 wurde der Standesbeamte angewiesen, für die Beteiligte "Kiran" als alleinigen Vornamen im Geburtenbuch einzutragen.
Gegen diesen Beschluss hat die Aufsichtsbehörde des Standesbeamten (Beteiligte zu 3) sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die vom LG vertretene Auffassung nicht.
Die Beteiligte und ihre Mutter seien deutsche Staatsangehörige, der Vater besitze die indische Staatsangehörigkeit. Die Bestimmung des Vornamens der Beteiligten bestimme sich deshalb in jedem Fall nach deutschem Recht (Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB).
Das Recht, einem Kind Vornamen zu geben, stehe den Sorgeberechtigten zu. Allgemein verbindliche Vorschriften über die Wahl und die Führung von Vornamen gebe es nicht. Die Entscheidung über den Vornamen ihres Kindes hätten die Eltern in Ausübung der Verantwortung für das Kind zu treffen. Dies betreffe auch die Wahl eines Vornamens, der ausschließlich der Individualität einer Person Ausdruck verleihe, den Einzelnen bezeichne und diesen von anderen unterscheide. Es sei Aufgabe der Eltern, ihrem Kind in freier gemeinsamer Wahl einen Namen zu bestimmen, den es sich selbst noch nicht geben könne, wobei sie mangels einschlägiger Bestimmungen im Namensrecht in der Wahl des Vornamens grundsätzlich frei seien (BVerfG v. 28.1.2004 - 1 BvR 994/98, MDR 2004, 634 = NJW 2004, 1586; BVerfG v. 3.11.2005 - 1 BvR 691/03, MDR 2006, 573 = MDR 2006, 393 = NJW 2006, 1414/1415).
Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl für ihr Kind dürfe allein dort eine Grenze gesetzt werden, wo seine Ausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen drohe.
Die durch das Kindeswohl gezogenen Grenzen würden z.B. dann nicht eingehalten, wenn bei der Namensgebung der natürlichen Ordnung der Geschlechter nicht Rechnung getragen werde, wenn also Jungen oder Mädchen Vornamen gegeben würden, die das Geschlecht nicht kennzeichneten (BayObLG v. 13.12.1983 - BReg. 1 Z 79/83, MDR 1984, 493 = BayObLGZ 1983, 305/308).
Es sei herrschende Auffassung, dass die einem Kind gegebenen Vornamen geeignet sein sollten, ohne Weiteres dessen Geschlecht erkennen zu lassen.
Die alleinige Bezeichnung "Kiran" für ein Mädchen, welches der Ehe einer Mutter mit deutscher Staatsangehörigkeit und eines indischen Vaters entstamme und welches zusammen mit ihren Eltern in Deutschland lebe, komme mangels eindeutiger Bezeichnung des Geschlechts nicht in Frage.
Das LG habe in seiner Entscheidung einseitig auf die Rechte und die kulturellen Bezüge der Eltern abgestellt und nicht berücksichtigt, in welchem Kulturkreis das Kind, um dessen Vornamen es schließlich gehe, in nächster Zukunft oder auf Dauer aufwachsen werde. Das Kind habe die deutsche Staatsangehörigkeit und werde zunächst auf nicht absehbare Zeit in einer Kleinstadt aufwachsen. Es sei nicht dargetan, dass die Eltern demnächst beabsichtigten, ihren Lebensmittelpunkt zeitweise oder dauerhaft nach Indien zu verlegen.
Es sei davon auszugehen, dass das Kind im deutschen Sprach- und Kulturkreis aufwachsen werde. Das Kindeswohl mache es daher erforderlich, die Vornamen in einer Art und Weise zu bestimmen, das das Geschlecht erkennen lasse.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 01.02.2007, 31 Wx 113/06