Leitsatz (amtlich)
Nach dem bis zum 1.9.2009 geltenden Rechtszustand war das Betreuungsverfahren für nicht der deutschen Sprache mächtige Betroffene im Hinblick auf Dolmetscher- und Übersetzerkosten nicht kostenfrei zu halten.
Normenkette
KostO § 2 Nr. 2, § 137; EMRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. E
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 23.08.2011; Aktenzeichen 62 T 142/11) |
AG Erding (Aktenzeichen XVII 390/09) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des LG Landshut vom 23.8.2011 wird verworfen, die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 hiergegen zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 2, Tochter der Beteiligten zu 1, regte am 26.6.2009 beim AG die Bestellung einer Betreuerin für ihre damals aktuell bei ihr befindliche, an Demenz leidende Mutter an, die zuvor in Istanbul (Türkei) gelebt hatte und nur die türkische und die griechische, nicht jedoch die deutsche Sprache beherrscht. Im Rahmen der Anhörung vom 24.7.2009, die mit einem türkischen Dolmetscher geführt wurde, bat die Beteiligte zu 1, auch bei der Begutachtung einen Dolmetscher hinzuzuziehen.
Der Beschluss zur vorläufigen Betreuung vom 1.9.2009 wurde der Beteiligten zu 1 in Übersetzung bekannt gegeben. Am 28.9.2009 beauftragte das Gericht die Erstellung eines Gutachtens und genehmigte die Zuziehung eines Dolmetschers bei der Exploration. Das Gutachten vom 14.12.2009 attestierte der Beteiligten zu 1 eine chronisch fortschreitende Demenz. Mit einer Stellungnahme des Landratsamts ließ das AG das Gutachten übersetzen und sandte beide Schreiben der Beteiligten zu 1 mit Gelegenheit zur Stellungnahme zu.
Nach Anordnung der Betreuung durch Beschluss vom 24.2.2010 erstellte das AG am 21.5.2010 eine Rechnung, in der - soweit hier erheblich - die Vergütung für Dolmetscher- und Übersetzerleistungen bei der Exploration und zur Übersetzung des Gutachtens mit 1.625,51 EUR in Rechnung gestellt waren. Dagegen wandte sich die Beteiligte zu 2 unter dem 4.6.2010. Den Rechtsbehelf legte sie ausweislich der Begründung vom 25.6.2010 in eigenem wie auch im Namen ihrer Mutter ein. Die Übersetzung sei schon nicht notwendig gewesen, da die Beteiligte zu 1 diese Schreiben wegen ihrer Demenz nicht verstehen könne. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 3 MRK und wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 3 GG) die Einschaltung eines Dolmetschers sowie die Anfertigung von Übersetzungen in Verfahren gegen ausländische Mitbürger kostenfrei zu halten.
Am 5.1.2011 half der Kostenbeamte des AG nach Anhörung des Bezirksrevisors (Beteiligter zu 3) der Erinnerung nicht ab. Unter dem selben Datum wies das AG die Erinnerung zurück mit der Begründung, eine Ausnahme nach § 137 Abs. 1 Nr. 5 KostO sei nicht gegeben.
Die hiergegen am 17.1.2011 eingelegte Beschwerde, der nicht abgeholfen wurde, wies das LG mit Beschluss vom 25.8.2011 zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu. Der weiteren Beschwerde vom 28.8.2011 half das LG unter dem 31.8.2011 nicht ab.
II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Da die Einleitung eines Betreuungsverfahrens am 26.6.2009 erfolgte, richtet sich das dem Verfahren zugrunde zu legende Recht nach dem bis zum 1.9.2009 geltenden Rechtszustand (vgl. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG vom 22.12.2008 BGBl. I, 2586).
2. Gegen die Entscheidung des LG Landshut ist in Folge ihrer Zulassung die weitere Beschwerde zum OLG statthaft, § 14 Abs. 5 KostO. Anwaltszwang besteht nicht. Sie kann nur auf eine Rechtsverletzung gestützt werden.
3. Soweit die Beteiligte zu 2 das Rechtsmittel ausdrücklich auch im eigenen Namen eingelegt hat, ist dieses allerdings unzulässig. Nach § 20 Abs. 1 FGG steht die Beschwerde nur demjenigen zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist. Kostenschuldnerin ist nach § 2 Nr. 2 KostO nur die Beteiligte zu 1, die auch allein von der Staatskasse in Anspruch genommen ist, nicht aber die Beteiligte zu 2. Dieser steht deshalb auch keine eigene Beschwerdebefugnis zu.
4. Soweit die weitere Beschwerde auch im Namen der Beteiligten zu 1 erhoben ist, erweist sie sich im Übrigen als zulässig, aber unbegründet. Denn die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 14 Abs. 5 Satz 2 KostO i.V.m. §§ 546, 547 ZPO).
Das LG führt in seiner Entscheidung, soweit erheblich, aus:
Da das AG keine Kostenentscheidung nach § 81 FamFG getroffen habe, habe derjenige die Gerichtskosten und damit auch die Übersetzer- und Dolmetscherkosten zu tragen, der nach der Kostenordnung Kostenschuldner sei. Dies sei die Betreute, nicht deren Betreuerin.
Auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG bzw. auf Art. 6 Abs. 3 MRK könne das Rechtsmittel nicht mit Erfolg gestützt werden. Die bisher zur staatlichen Kostenübernahme der Dolmetscher- und Übersetzerkosten und damit zur Auslagenfreiheit eines Betroffenen ergangenen Entscheidungen hätten sich durchwegs auf Verfahren der Strafverfolgung und andere freiheitsentziehende Verfahren bezogen. Das Betreuungsverfahren habe jedoch mit einem Ermittlungs- oder Strafverfahren, bei ...