Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zugehörigkeit eines sog. Anliegerwegs als unselbständiger Bestandteil eines angrenzenden Grundstücks.
2. Der Umstand, dass ein Anliegervermerk im Grundbuch des gegenüber liegenden Grundstücks fehlt, erstreckt den guten Glauben des Grundbuchs, in dem der Anliegervermerk enthalten ist ("hierzu die zum Weg gehörende Teilfläche"), nicht darauf, dass der Weg in voller Breite zum Grundstück gehört.
Normenkette
BGB §§ 891-892; GBO § 2 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Memmingen (Beschluss vom 26.03.2013; Aktenzeichen Heimertingen Blatt 1269-20) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Memmingen - Grundbuchamt - vom 26.3.2013 wird, soweit ihr nicht mit Beschluss vom 24.9.2012 abgeholfen wurde, zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten sind Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke. Das FlSt. 2475/1 im je hälftigen Eigentum der Beteiligten zu 1 und 2 wird im Osten, die Flurstücke 2475/9 (Eigentümer: der Beteiligte zu 4), 2475/8 (Eigentümer: der Beteiligte zu 3), 2475/10 (Eigentümer: der Beteiligte zu 5) und 2475/7 (Eigentümerin: Elisabeth M.) werden jeweils westlich vom Anliegerweg FlSt 2475/6 begrenzt. Für den Anliegerweg besteht kein eigenes Grundbuch. In den Grundbüchern der den Beteiligten zu 1 bis 5 gehörenden Grundstücke ist im Bestandsverzeichnis jeweils vermerkt:
hierzu die zum Weg Flst. 2475/6 gezogene Teilfläche.
Im Grundbuch für FlSt 2475/7 ("In der Au, Grünland") fehlt ein entsprechender Zusatz.
Die Beteiligten beabsichtigen die rechtliche Verselbständigung des Anliegerwegs, um diesen isoliert mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Pumpendruckleitungsrecht) belasten zu können. Die notarielle Urkunde vom 7.8.2009 enthält (u.a.) hinsichtlich des Anliegerwegs einen Ringtausch, wonach jeder Eigentümer an den jeweils anderen Eigentümer einen Miteigentumsanteil an der eigenen Teilfläche in der Weise vertauscht, dass im Ergebnis alle Teilflächen des gesamten Weggrundstücks künftig im Miteigentum nach festgelegten ideellen Bruchteilen stehen. Die Auflassung wurde erklärt; die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch wurde bewilligt und mit der Maßgabe beantragt, den Weg FlSt 2475/6 als selbständiges Grundstück im Grundbuch einzutragen und die jeweiligen Miteigentumsanteile den jeweiligen Grundstücken zuzubuchen.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 26.3.2012 die Anträge zurückgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Interesse hält es die Mitwirkung der Eigentümerin von FlSt 2475/7 (Elisabeth M.) an dem Ringtausch für erforderlich. Das Grundstück sei als FlSt 2475/7 am 2.8.1963 ohne Anliegervermerk neu vorgetragen und 1991 an die jetzige Eigentümerin aufgelassen worden. Hierbei habe diese auch die Teilfläche an dem Weg miterworben, weil diese das rechtliche Schicksal des Hauptgrundstücks teile. Dass der Anliegerweg im fraglichen Bereich nur Bestandteil eines Anliegergrundstücks sein solle, sei nicht ersichtlich. Ein Fall der Löschung durch Nichtmitübertragung scheide aus. Ein gutgläubiger Erwerb durch die Beteiligten zu 1 und 2, nämlich Erwerbsvorgänge vom 8.2.1988 bzw. 9.1.2007, als jetzige Eigentümer des gegenüber liegenden Grundstücks habe nicht stattgefunden. Zwar sei das Grundbuch hinsichtlich FlSt 2475/7 unvollständig und unrichtig; nicht jedoch das Grundbuch für FlSt 2475/1. Eine "Gesamtschau" des Grundbuchs scheide aus, von einer Kenntnis der Eintragungen im Grundbuch für FlSt 2475/1 könne nicht ausgegangen werden.
Die Beschwerde hält dies für unzutreffend. Es sei anerkannt, dass ein gutgläubiger Erwerb auch hinsichtlich nicht vermessener Teilflächen an einem Anliegerweg möglich sei, die als Teil eines anderen Grundstücks im Weg eines Zugehörigkeitsvermerks gebucht sind. Eigentümer seien nach dem Grundbuchinhalt nur die, bei denen ein Anteil am Anliegerweg gebucht sei (§ 3 Abs. 5 entsprechend GBO). Zudem sei ein Anliegerweg nicht zwingend Bestandteil aller angrenzenden oder einander gegenüber liegenden Grundstücke. Weil sich der Inhalt des Grundbuchs auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf erstrecke, ergebe sich hier bei verständiger Auslegung des Grundbuchinhalts, dass der Bereich des FlSt 2475/6, der zwischen FlSt 2475/1 und FlSt 2475/7 liege, vollständig zu FlSt 2475/1 gehöre. Bei anderer Sichtweise wäre das Grundbuch als Rechtsscheinträger für Anliegerwege völlig entwertet.
Das Grundbuchamt hat insoweit mit Beschluss vom 24.9.2012 nicht abgeholfen und im Wesentlichen auf seine im Zurückweisungsbeschluss vertretene Rechtsmeinung verwiesen.
II. Das nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Ohne die Bewilligung der Eigentümerin von FlSt 2475/7 kann der Ringtausch nicht stattfinden.
1. Bei der Buchung eines mit einer eigenen Flurstücksnummer versehenen Anliegerwegs (Angrenzerwegs) in den Grundbüchern der angrenzenden Grundstücke ergeben sich nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung (s. B...