Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich im Ost-West-Fall: Ausgleich der in den alten und neuen Bundesländern erworbenen Anwartschaften unter Berücksichtigung der Bagatellgrenze
Leitsatz (redaktionell)
Beim Versorgungsausgleich soll das Familiengericht nach § 18 Abs. 1 VersAusglG beiderseitige Anrechte gleicher Art ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Haben beide Parteien gleichartige Anrechte, deren korrespondierte Kapitalwerte miteinander vergleichbar sind, so ist deren Differenz dahingehend zu überprüfen, ob sie die Bagatellgrenze nach § 18 Abs. 1 SGB IV überschreitet. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Ausgleichswert des einzelnen Anrechts die Bagatellgrenze überschreitet.
Normenkette
VersAusglG §§ 18, 10
Verfahrensgang
AG Günzburg (Beschluss vom 10.12.2009; Aktenzeichen 2 F 714/09) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der ... wird der Beschluss des AG Günzburg vom 10.12.2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.1.2010 in Nr. 1. des Tenors letzter Absatz des Berichtigungsbeschlusses aufgehoben und der Versorgungsausgleich wie folgt geregelt:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der ..., Vers. Nr. ... zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 0,1868 Entgeltpunkten auf das vorhandene Versicherungskonto ... bei der ... bezogen auf den 30.4.2005, übertragen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Beschwerdewert wird auf 2.400 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Das AG Günzburg hat mit Endurteil vom 12.1.2006 die vor dem Standesbeamten des Standesamtes Zerbst am 21.12.1990 geschlossene Ehe der Parteien geschieden. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich hat es ausgesetzt. Das AG Günzburg hat mit Verfügung vom 7.9.2009 das Verfahren über den Versorgungsausgleich wieder aufgenommen und mit Beschluss vom 10.12.2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.1.2010 den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass es im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der ... zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 4,3685 Entgeltpunkten (Ost) auf das vorhandene Konto bei der ..., bezogen auf den 30.4.2005, übertragen hat und im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht von 0,6911 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto bei der ..., bezogen auf den 30.4.2005, sowie ebenfalls im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 1,9878 Entgeltpunkten (Ost) auf das vorhandene Konto bei der ..., bezogen auf den 30.4.2005, übertragen hat. Des Weiteren hat das AG entschieden, dass der Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der ... i.H.v. 0,3736 Entgeltpunkte unterbleibe. Das AG hat in den Gründen hierzu ausgeführt, es handele sich um ein Anrecht, dessen Ausgleichswert mit einem Kapitalwert von 1.077,08 EUR nicht den Grenzwert von 2.898 EUR nach § 18 Abs. 2, 3 VersAusgIG überschreite. Besondere Gründe, die den Ausgleich erfordern würden, lägen nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der ... vom 18.1.2010, mit der sie rügt, der Ausschluss des Anrechts der Antragstellerin bei der ... i.H.v. 0,1868 Entgeltpunkten nach § 18 Abs. 2 VersAusgIG sei fehlerhaft, da beide Parteien über Anrechte gleicher Art (gesetzliche Rentenversicherung West) verfügten. Maßgeblich sei daher die Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 1 VersAusgIG und nicht nach § 18 Abs. 2 VersAusgIG. Ein Ausschluss wegen Geringfügigkeit komme nur in Betracht, wenn die Differenz der Ausgleichswerte beider Anrechte gleicher Art nach § 18 Abs. 1 VersAusgIG geringfügig sei. Die Differenz der Ausgleichswerte der beiderseitigen Anrechte der Parteien aus der ... übersteige aber die Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 3 VersAusgIG. Auch die Anrechte der Antragstellerin aus der ... seien daher im Wege der internen Teilung auszugleichen.
Die ... hat den Ausführungen der ... ausdrücklich zugestimmt und sie ergänzt. Soweit gleichartige Anrechte nach § 18 Abs. 1 VersAusgIG vorliegen, könne die Prüfung eines Ausschlusses wegen Geringfügigkeit nur nach § 18 Abs. 1 VersAusgIG stattfinden, was sich aus dem Gesetzgebungsverfahren ergäbe. Im anderen Fall könne es, entgegen die Intentionen des Gesetzgebers, zu einer Belastung der Versorgungsträger kommen. Würde man in den Fällen, in denen nach § 18 Abs. 1 VersAusgIG keine geringe Differenz von Anrechten gleicher Art vorläge, die Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusgIG in Bezug auf jedes einzelne Anrecht bejahen, so würde dies zu einer einseitigen Belastung der ausgleichspflichtigen Person führen, jedoch in der Regel zu keiner Entlastung des Familiengerichts bzw. des Versorgungsträgers. Es fehle damit an einer angemessenen Begründung, vom Gebot des Halbteilungsgrundsatzes abzuweichen.
Die übrigen Beteiligten hatten Gelegenheit sich zu äußern. Sie h...