Leitsatz (amtlich)
Die Gesellschafterversammlung einer GmbH kann auch durch deren Gesellschafter allein einberufen werden, wenn alle Gesellschafter damit einverstanden sind.
Normenkette
GmbHG §§ 46, 49 Abs. 1, § 51
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 05.04.2002; Aktenzeichen 10 HKO 15376/01) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München I vom 5.4.2002 aufgehoben.
II. Der Antragstellerin wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt.
Zur Wahrnehmung ihrer Rechte wird ihr Rechtsanwalt Dr. B. beigeordnet.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des LG München I vom 5.4.2002 ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 und 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1 und § 569 Abs. 1 ZPO zulässig und hat in der Sache Erfolg. Die 19-jährige, noch in einem Ausbildungsverhältnis stehende Antragstellerin kann die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen; ihre beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichend Aussicht auf Erfolg und stellt sich nicht als mutwillig dar (§ 114 ZPO). Die von der Antragstellerin angefochtenen und im Namen der Beklagten gefassten Beschlüsse vom 4.5. und 17.7.2001 erscheinen analog § 241 Abs. 1 Nr. 1 AktG nichtig.
1. Die angefochtenen Beschlüsse vom 4.5.2002 sind auf einer wohl nicht einberufenen Gesellschafterversammlung gefasst worden.
Die Antragstellerin hat unter Vorlage eines entspr. Protokolls und der Benennung von Zeugen dargetan, dass sie als Gesellschafterin der Beklagten zu der auf den 4.5.2001 um 10.00 Uhr in die Räume der Fa. R. an der M.-str. in M. einberufenen Gesellschafterversammlung der Beklagten pünktlich gekommen ist, von der Mitgesellschafterin G. zur Ausübung deren Stimmrechts auf dieser Versammlung bevollmächtigt worden war und die Gesellschafterversammlung sogleich bis 10.02 Uhr durchgeführt hat, nachdem der dritte Gesellschafter und damalige Geschäftsführer der Beklagten, Su., zu diesem Zeitpunkt nicht erschienen ist. Wenn dann Su., der infolge einer fehlerhaften Code-Karte in der Tiefgarage des Anwesens M.-str. zunächst festgehalten worden und um 10.08 Uhr gekommen sein will, nunmehr seinerseits eine Gesellschafterversammlung durchführt, so stellt sich diese auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin als eine eigene, ohne Ladung der anderen Gesellschafterinnen abgehaltene Gesellschafterversammlung dar. Die dabei gefassten Beschlüsse dürften mithin nichtig sein (vgl. BGH v. 7.2.1983 – II ZR 14/82, BGHZ 87, 1 ff. = MDR 1983, 822 = GmbHR 1983, 267). Daran ändert auch nichts, dass die Beschlüsse der um 10.00 Uhr begonnenen Gesellschafterversammlung möglicherweise selbst zumindest anfechtbar waren.
2. Die angefochtenen Beschlüsse vom 17.7.2002 sind auf einer wohl nicht ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung gefasst worden.
Unbeschadet der Frage, ob Su. am 4.5.2001 wirksam oder zumindest schwebend wirksam als Geschäftsführer abberufen worden war, durfte er eine Gesellschafterversammlung der Beklagten für den 17.7.2001 nicht einberufen. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 19.6.2001 hatte sich einstimmig auf den 19.7.2001 vertagt. Su. war daher insb. in der von ihm behaupteten Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten durch diese Entscheidung der Gesellschafterversammlung gebunden, zumal es an beiden Terminen nach dem Willen von Su. um dieselben Tagesordnungspunkte gehen sollte. Das folgt aus der Stellung der Gesellschafterversammlung als oberstes, mit Generalzuständigkeit ausgestattetes Willensbildungsorgan und aus § 51 Abs. 3 GmbHG. Diese Vorschrift lässt es zu, dass die Versammlung ohne Mitwirkung eines anderen Organs von sich aus zusammentritt, wenn sie nur von der Gesamtheit der Gesellschafter getragen wird. Ist aber das möglich, muss auch die Terminfestsetzung durch Einvernehmen aller Gesellschafter möglich sein. § 51 Abs. 3 GmbHG zeigt ebenso wie § 48 Abs. 2 GmbHG – der bei Einverständnis aller Gesellschafter sogar die Beschlussfassung ohne Versammlung zulässt –, dass die Vorschriften über die Einberufung nicht dazu dienen, die Kompetenz der Gesellschafterversammlung zu beschränken, sondern nur dazu, eine ordnungsgemäße Ladung der Gesellschafter zu ermöglichen (Karollus in EWIR 1994, 567; auch Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 49 Rz. ; ähnlich Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 49 Rz. 11; enger Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 49 Rz. 2 ff.). Zudem kommt die Einberufung der Gesellschafterversammlung auf den 17.7.2001 durch Su. einer Absage der Gesellschafterversammlung vom 19.7.2001 durch ihn gleich. Absagen kann die Gesellschafterversammlung aber nur derjenige, der sie einberufen hat. Sonst könnten die Kompetenzen zur Einberufung ausgehebelt werden (OLG Hamm v. 28.10.1991 – 8 U 36/91, OLGReport Hamm 1992, 47 = DB 1992, 265; der erkennende Senat in OLG München v. 3.11.1993 – 7 U 2905/93, OLGReport München 1994, 114 = GmbHR 1994, 406, DB 1994, 320 [321])
3. Im Hinblick darauf, dass Nichtigkeits- und Anfechtungsklage mit ...