Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Deckung für coronabedingte behördliche Maßnahmen durch eine Betriebsschließungsversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Klausel einer Betriebsschließungsversicherung, die als dem Versicherungsfall zugrunde liegende meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger die folgenden, im IfSG namentlich genannten enumerativ aufzählt, ist abschließend. (Rn. 16 - 20)

2. Eine solche Klausel kann nicht als dynamische Verweisung auf die jeweils im IfSG aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger verstanden werden. (Rn. 21 - 27)

 

Normenkette

AVB-BS § 25 Abs. 4; IfSG §§ 6-7

 

Verfahrensgang

OLG München (Verfügung vom 22.12.2022; Aktenzeichen 14 U 2064/21)

LG Kempten (Urteil vom 04.03.2021; Aktenzeichen 32 O 921/20)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 04.03. 2021, Az.: 32 O 921/20 Ver, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund des Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 106.230,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 04.03.2021 Bezug genommen.

Der Kläger macht einen Anspruch aus einer Betriebsschließungsversicherung geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger - in der Sache dem erstinstanzlichen Antrag entsprechend -:

1. Das Urteil des Landgerichts Kempten vom 04.03.2021, zugestellt am 22.03.2021, (Az.: 32 O 921/20 Ver) wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 106.230,- EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2020 zu bezahlen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 22.12.2022 (Bl. 115 f. d.A.) darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger hat dazu mit Schriftsatz der Klägervertreterin vom 31.01.2023 (Bl. 120 f. d.A.) Stellung genommen.

Er führt aus:

Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus §§ 22 i.V.m. 25 Abs. 4 der in den Versicherungsvertrag einbezogenen "Bedingungen für die Sicherung von Betrieben gegen Schäden infolge Infektionsgefahr beim Menschen (Betriebsschließungsversicherung) (BS 2008)".

Der Bundesgerichtshof habe mit Urteil vom 18.01.2023 - IV ZR 465/21 entschieden, dass einer Versicherungsnehmerin auf der Grundlage der hier vereinbarten Versicherungsbedingungen Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung wegen der teilweisen Einstellung ihres Hotelbetriebes im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zustünden.

Dies sei damit begründet worden, dass das COVID-19-Virus ab dem 23.05.2020 in den [sic] Versicherungsbedingungen namentlich erwähnt sei.

Insoweit sei davon auszugehen, dass dem Kläger zumindest ab dem 23.05.2020 die geltend gemachten Ansprüche zustünden.

II. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 04.03. 2021, Az.: 32 O 921/20 Ver, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

1. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.

Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.

a) Die streitgegenständliche Regelung des § 25 BS 2008 stimmt, soweit ersichtlich, mit den Regelungen überein, die Gegenstand der - nach der Einlegung der gegenständlichen Berufung verkündeten - Urteile des Senats vom 11.11.2021 - 14 U 1203/21 = BeckRS 2021, 36861 und des Bundesgerichtshofs vom 26.01.2022 - IV ZR 144/21 = BGHZ 232, 344 = NJW 2022, 872 waren und in denen Ansprüche der Versicherungsnehmer jeweils verneint wurden.

§ 25 Abs. 4 BS 2008 enthält eine abschließende Regelung der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 15; Senat, a.a.O., Rdnr. 84 ff.).

Die Klausel listet die "Meldepflichtige(n) Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen" auf. Die Verwendung des Begriffs "meldepflichtig" stellt zwar eine Bezugnahme auf §§ 6, 7 IfSG dar, da sich aus dem Versicherungsvertrag keine Meldepflichten des Versicherungsnehmers ergeben. Gleichzeitig wird aber durch die Formulierung "im Sinne dieser Bedingungen" klargestellt, dass der Begriff der meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitse...

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