Leitsatz (amtlich)
Zum Nachweis der Entgeltlichkeit bei der Verfügung über Grundbesitz bei einem neben dem Kaufpreis vereinbarten Nießbrauch für den Vorerben.
Normenkette
GBO § 29; BGB § 2113 Abs. 1-2, § 2136
Verfahrensgang
AG Starnberg (Beschluss vom 01.08.2013; Aktenzeichen Starnberg Blatt 5833-30) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 1.8.2013 aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den im Wohnungsgrundbuch des AG Starnberg von Starnberg Blatt 5833 in Abt. xxx eingetragenen Nacherbenvermerk an dem ehemaligen 1/2-Miteigentumsanteil der Antonia Brockmann zu löschen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 war als Eigentümer von Wohnungseigentum im Grundbuch eingetragen. Einen Hälfteanteil hatte er im Weg der Erbfolge als (befreiter) Vorerbe erhalten. In Abt. xxx ist daher an dem ehemaligen Hälfteanteil ein Nacherbenvermerk eingetragen.
Mit Urkunde vom 1.8.2012 veräußerte der Beteiligte zu 1 das Wohnungseigentum an den Beteiligten zu 2. Als Gegenleistungen sind ein Kaufpreis von 215.000 EUR und ein unentgeltlicher Nießbrauch für den Beteiligten zu 1 auf Lebensdauer vereinbart. Den Antrag auf Eigentumsumschreibung und Eintragung des Nießbrauchs, der auch den Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks umfasste, hatte das Grundbuchamt zunächst am 22.11.2012 zurückgewiesen, nach erneuter - eingeschränkter - Antragstellung aber am 10.1.2013 die Auflassung und den Nießbrauch eingetragen.
Am 21.5.2013 beantragte der beurkundende Notar erneut die Löschung des Nacherbenvermerks, da von Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts auszugehen sei. Diesen Antrag hat das AG - Grundbuchamt - nach Anhörung der Nacherben am 1.8.2013 zurückgewiesen. Es sei von teilweiser Unentgeltlichkeit auszugehen, da das Objekt im Jahr 2005 zu 465.000 EUR erworben worden sei; der aktuelle Kaufpreis zzgl. des Werts des Nießbrauchs bleibe um 57.669 EUR hinter dem Wert zurück.
Hiergegen hat der Notar am 19.10.2013 Beschwerde eingelegt. Die Bewertung des Nießbrauchs sei an Marktwerten, nicht an kostenrechtlichen Vorschriften zu orientieren. Der Vertrag sei zwischen einander fremden Vertragsteilen abgeschlossen, die vor der Beurkundung längere Zeit verhandelt hätten. Im Übrigen sei eine im Vergleichsweg vereinbarte Minderung von 20.000 EUR auf den Kaufpreis von 465.000 EUR zu berücksichtigen. Auch habe der Beteiligte zu 2 im Vertrag die nicht auf Mieter umlegbaren Nebenkosten übernommen, die zum Kaufpreis hinzuzurechnen seien.
Der Beschwerde hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.
II. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Grundbuchbeschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Diese ist zulässig für den Beteiligten zu 2 eingelegt (§ 73 GBO; § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG i.V.m. der im Kaufvertrag vom 1.8.2012 - Ziff. XI.1. d) und 2. - enthaltenen Vollmacht) und auch begründet, da das Grundbuch durch den Nacherbenvermerk unrichtig ist, nachdem der Beteiligte zu 1 entgeltlich über das Grundeigentum verfügt hatte. Der Vermerk kann nun - nach erfolgter Anhörung der Nacherben - gelöscht werden.
1. Ein Nacherbenvermerk ist zu löschen, wenn eine Bewilligung der Nacherben vorliegt oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn das Grundstück aus dem Nachlass ausgeschieden ist (Demharter, GBO, 29. Aufl., § 51 Rz. 42). Dies kommt in Frage, wenn der Vorerbe wirksam über den Nachlassgegenstand verfügt hat.
Der befreite Vorerbe kann wirksam (§ 2113 Abs. 1, § 2136 BGB) auch über Grundstücke verfügen. Da von der Beschränkung des § 2113 Abs. 2 BGB aber eine Befreiung nicht möglich ist, benötigt er für unentgeltliche Verfügungen die Zustimmung der Nacherben. Unentgeltlich ist eine Verfügung des Vorerben über einen Nachlassgegenstand dann, wenn seiner Leistung, mithin dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert, objektiv keine oder keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und der Vorerbe subjektiv das Fehlen oder die Ungleichwertigkeit der Gegenleistung erkannt hat oder hätte erkennen müssen (BGH NJW 1984, 366; vgl. Palandt/Weidlich BGB, 73. Aufl., § 2113 Rz. 10; Staudinger/Avenarius BGB Neubearb. 2013 § 2113 Rz. 61).
Ein Nachweis der Entgeltlichkeit als Eintragungsvoraussetzung wird allerdings regelmäßig nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO geführt werden können, weshalb auch Freibeweis zugelassen wird (Hügel/Zeiser GBO 2. Aufl., § 51 Rz. 80; Demharter, § 51 Rz. 42 und § 52 Rz. 23 f.). Die Rechtsprechung hat den allgemeinen Satz aufgestellt, dass eine entgeltliche Verfügung anzunehmen ist, wenn die dafür maßgebenden Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung nicht ersichtlich sind (vgl. Demharter, § 51 Rz. 42 und § 52 Rz. 23 m.w.N.; Meikel/Hertel, GBO, 10. Aufl., § 29 Rz. 439).
Ein solcher Nachweis kann sich auch auf allgemeine Erfahrungssätze stützen. Ein allgemeiner Erfahrungssatz besagt zum Beispiel, dass ein Kaufvertrag mit einem unbeteiligten Dritten ein e...