Leitsatz (amtlich)
Hat die zuständige Behörde des Landes den Unfall eines Beamten als Dienstunfall anerkannt hat und liegt damit ein Verwaltungsakt vor, aufgrund dessen das Land zur Leistung verpflichtet war, kann der Schädiger dagegen lediglich geltend machen, dass die Anerkennung gemäß Art. 44 BayVwVfG nichtig wäre.
Normenkette
BayVwVfG Art. 44; BayBG Art. 14; BeamtVG § 46; ZPO § 522 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 16.04.2015; Aktenzeichen 034 O 2900/13) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Augsburg vom 16.04.2015, Az. 034 O 2900/13, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.
Gründe
Der Kläger macht Ansprüche aus gemäß Art. 14 BayBG übergegangenem Recht seines Beamten Franz K. geltend, der am 06.07.2009 bei einem Verkehrsunfall in Gersthofen durch einen Versicherungsnehmer der Beklagten erheblich verletzt worden ist. Das LG hat der Klage nach Vernehmung des Zeugen K. in vollem Umfang stattgegeben. Mit der Berufung beanstandet die Beklagte, dass das LG die streitige Frage nicht geprüft hat, ob das Landesamt für Finanzen den Unfall zu Recht mit Bescheid vom 13.08.2009 (Anlage K2) als Dienstunfall anerkannt hat. Es habe eine Bindungswirkung des Verwaltungsakts angenommen; die vom LG zitierte Entscheidung des BGH betreffe einen anderen Fall.
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil entspricht jedenfalls im Ergebnis der Rechtslage aufgrund der nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen, die mit der Berufung nicht angegriffen werden.
1. Die Berufung kritisiert im Ausgangspunkt zu Recht, dass das LG eine Bindung an den Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 13.08.2009 aufgrund einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen hat, für die als Fundstelle NZV 1993, 263 zitiert wird.
a) Die in der NZV (Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht) referierte Entscheidung des BGH vom 14.01.1993 (Az. III ZR 33/88, BGHZ 121, 131 = NJW 1993, 1643) betrifft die Frage, ob das Zivilgericht an die Anerkennung eines Dienstunfalls durch die Verwaltungsbehörde gebunden ist, wenn dadurch gemäß § 46 BeamtVG zivilrechtliche Ansprüche gegen den Dienstherren (z.B. aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht) ausgeschlossen werden. Diese Frage hat der BGH aufgrund der - im Gesetz angelegten - förmlichen Art der Entscheidung über die Anerkennung eines Unfalls als Dienstunfall und wegen des Gleichklangs mit der Regelung in der gesetzlichen Unfallversicherung - damals noch § 638 Abs. 1 RVO, heute § 108 Abs. 1 SGB VII - bejaht (a.a.O. Rn. 14 und 15).
Dagegen geht es vorliegend um eine Frage des Anspruchsübergangs nach Art. 14 S. 1 BayBG (Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Nach dieser Bestimmung geht im Fall der körperlichen Verletzung oder Tötung eines Beamten ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch, der dem Beamten infolge der Körperverletzung oder Tötung zusteht, insoweit auf den Dienstherrn über, als dieser während einer auf der körperlichen Verletzung beruhenden Aufhebung der Dienstfähigkeit oder infolge der Körperverletzung zur Gewährung von Leistungen verpflichtet ist.
Eine Bindungswirkung an eine Anerkennung als Dienstunfall sieht das Gesetz für diesen Fall ausdrücklich ebenso wenig vor wie für den oben erwähnten Fall des Verlusts zivilrechtlicher Ansprüche gemäß § 46 BeamtVG. Die beiden Fälle können jedoch nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden. Vielmehr geht es hier um den Anspruchsübergang auf die zur Leistung verpflichtete Körperschaft; insoweit ist Art. 14 S. 1 BayBG vergleichbar mit § 116 Abs. 1 SGB-X (Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe), aber auch mit § 6 Entgeltfortzahlungsgesetz (Anspruchsübergang auf den Arbeitgeber bei Entgeltfortzahlung) und mit § 86 Abs. 1 VVG (Übergang von Ersatzansprüchen auf den Versicherer). Während § 118 Abs. 1 SGB-X für den ersten Fall eine Bindung an eine unanfechtbare Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung vorsieht, enthalten das Entgeltfortzahlungsgesetz und das VVG keine entsprechenden Vorschriften. Sie knüpfen vielmehr an die tatsächliche Fortzahlung des Entgelts bzw. den tatsächlichen Ersatz des Schadens durch den Versicherer an.
Ein Gleichklang mit den Vorschriften aus dem Sozialversicherungsrecht dürfte nicht ausreichen, auch für den vorliegenden Fall eine Bindungswirkung des Gerichts an die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu begründen. Auch die förmliche Art der Entscheidung über die Anerkennung eines Dienstunfalls genügt hier nicht zur Begründung einer Bindungswirkung: Während in dem der BGH-Entscheidung vom 14.01.1993 zugrunde liegenden Fall der Beamte, der durch die Anerkennung des Unfalls als Dienstunfall gemäß § 46 BeamtVG mit weiteren Ansprüchen, darunter zivilrechtlichen Ansprüchen wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht ausgeschlossen war, an dem Verwaltungsverfahren beteiligt war, ist der Schädiger des Verkehrsunfalls an dem Verfahren zur Anerkennu...