Leitsatz (amtlich)
Liegen zwei pränatale Vaterschaftsanerkennungen vor, so entfaltet diejenige Anerkennung, bei der zuerst der zweiaktige Tatbestand von Erklärung und Zustimmung jeweils in der vorgeschriebenen Form erfüllt ist, Sperrwirkung nach § 1594 Abs. 2 BGB ggü. der späteren Anerkennung.
Normenkette
PStG § 21 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 1592 Nr. 2, § 1594 Abs. 2, 4, § 1598 Abs. 1, § 1599
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 14.09.2009; Aktenzeichen 16 T 15265/09) |
AG München (Aktenzeichen 722 UR III 45/09) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss des LG München I vom 14.9.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1 ist die unverheiratete Mutter des am ...2009 in München geborenen Kindes K. Bereits vor der Geburt des Kindes erkannte der Beteiligte zu 2 am 23.9.2008 vor dem Standesbeamten die Vaterschaft an. Die Beteiligte zu 1 stimmte der Vaterschaftsanerkennung, ebenfalls vor dem Standesbeamten, zu. Am 9.1.2009, ebenfalls vor der Geburt, erkannte sodann der Beteiligte zu 3 die Vaterschaft vor einem anderen Standesbeamten an. Auch dieser Vaterschaftsanerkennung stimmte die Beteiligte zu 2 vor dem Standesbeamten zu. Am 2.2.2009 erklärte die Beteiligte zu 1 zur Niederschrift des Standesbeamten, dass sie nach der Anerkennung der Vaterschaft durch den Beteiligten zu 2 festgestellt habe, dass er nicht der Vater des Kindes sein könne. Am 23.2.2009 beantragte der Standesbeamte gem. § 49 Abs. 2 PStG eine gerichtliche Entscheidung zu der Frage, ob der Beteiligte zu 3, obwohl er erst nach dem Beteiligten zu 2 die Vaterschaft anerkannt hatte, als Vater in das Geburtenbuch eingetragen werden könne. Mit Schreiben vom 3.4.2009 erklärte der Beteiligte zu 2, dass er offenbar nicht der Vater sei und daher auch keine Verantwortung für das Kind übernehmen müsse.
Mit Beschluss vom 25.5.2009 wies das AG den Standesbeamten an, den Beteiligten zu 3 nicht als Vater in das Geburtenregister einzutragen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 4 (Standesamtsaufsicht) blieb ohne Erfolg. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 4 die obergerichtliche Klärung der Frage, ob und welche Person im Fall von zwei pränatal abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnissen, die beide den Anforderungen gem. §§ 1594 ff. BGB genügen, als Vater im Geburtenregister des Kindes einzutragen ist. Zu der vorliegenden Fallkonstellation, in der nacheinander zwei pränatale Anerkennungserklärungen abgegeben wurden, die jeweils alle Wirksamkeitsvoraussetzungen gem. §§ 1595 f. BGB erfüllen, aber erst mit dem Tag wirksam werden können, an dem das Kind lebend geboren wird, habe sich, soweit bekannt, weder die Rechtsprechung noch das Schrifttum geäußert. Nach ihrer Auffassung seien Gesichtspunkte, die für die Vorzugswürdigkeit der Anerkennung durch den Beteiligten zu 3 sprechen, bei dem es sich um den biologischen Vater des Kindes handle, zu Unrecht nicht gewürdigt worden.
II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Bestätigung der Entscheidung des LG.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG könne der Beteiligte zu 3 nicht als Vater des Kindes in das Geburtenbuch eingetragen werden. Eine wirksame Anerkennung des Beteiligten zu 3 liege nicht vor, da ihr die zeitlich vorausgehende Anerkennung der Vaterschaft des Beteiligten zu 2 gem. § 1594 Abs. 2 BGB entgegenstehe und das nachfolgende Anerkenntnis deshalb derzeit schwebend unwirksam sei. Der Beteiligte zu 2 habe die Vaterschaft mit Erklärung vom 23.9.2008 formwirksam erklärt; die Beteiligte zu 1 habe formwirksam zugestimmt. Anerkenntnis und Zustimmung könnten gem. § 1594 Abs. 4, § 1595 Abs. 3 BGB auch schon vor der Geburt wirksam erklärt werden. Dass sich die Beteiligten zu 1 und 2 bei der Abgabe der Erklärung möglicherweise über die biologische Vaterschaft des Beteiligten zu 2 geirrt hätten, lasse die Wirksamkeit ihrer Erklärungen nicht entfallen, da eine Anfechtung wegen Irrtums nach §§ 119 f. BGB gem. § 1598 Abs. 1 BGB nicht möglich sei. Die Vaterschaftsanerkennung durch den Beteiligten zu 2 sei nach wie vor wirksam, da die Wirkungen des § 1592 Nr. 2 BGB erst dann entfielen, wenn aufgrund einer Anfechtungsklage rechtskräftig festgestellt sei, dass der Beteiligte zu 2 nicht der genetische Vater sei (§ 1599 Abs. 1 BGB). Daher sei die später erfolgte Anerkennung durch den Beteiligten zu 3 derzeit im Hinblick auf die noch wirksame Anerkennung durch den Beteiligten zu 2 schwebend unwirksam (§ 1594 Abs. 2 BGB).
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
Zutreffend ist das LG zu der Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Beteiligten zu 3 in das Geburtenregister nicht gegeben sind, da die zeitlich früher wirksam erklärte Anerkennung der Vaterschaft durch den Beteiligten zu 2 entgegensteht (§ 1594 Abs. 2 BGB).
a) Sowohl die Anerkennung (§ 1594 Abs. 4 BGB) als auch die Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 3 i.V.m. § 1594 Abs. 4 BGB) können schon vor der Geburt des Kindes abgegeben w...