Entscheidungsstichwort (Thema)
Kontrahierungszwang und Eintritt der Abschlussfiktion von Haftpflichtversicherungsverträgen für den Betrieb von im öffentlichen Verkehrsraum nicht zulässigen Fahrzeugen wegen fehlender technischer Genehmigung
Normenkette
FZV §§ 3, 4 Abs. 1; PflVG §§ 1, 5; StVG §§ 1, 7
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 18.05.2020; Aktenzeichen 34 O 11826/19) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 18.05.2020, Az. 34 O 11826/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Nach einstimmiger Auffassung des Senats hat das Landgericht die Klage - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Berufungsschrift - zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aushändigung von Versicherungsbestätigungen und Versicherungskennzeichen für die streitgegenständlichen Fahrzeuge aus § 5 PflVG, da keine Versicherungsverträge zustandegekommen sind, insbesondere auch die Fiktion des § 5 Abs. 3 VVG nicht wirkt.
1. Der Eintritt der Fiktion nach § 5 Abs. 3 PflVG setzt voraus, dass das jeweilige zu versichernde Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet wird; davon kann bei den vorliegenden Fahrzeugen nicht ausgegangen werden; da eine technische Genehmigung fehlt, ist ein Betrieb im öffentlichen Verkehrsraum nicht zulässig (§§ 3,4 FZV). Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass er die Fahrzeuge tatsächlich (verbotswidrig oder auch rechtmäßig) auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet oder verwenden will.
1.1. Nach § 5 Abs. 2 PflVG sind die im Inland zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung befugten Versicherungsunternehmen verpflichtet, den in § 1 genannten Personen nach den gesetzlichen Vorschriften Versicherung gegen Haftpflicht zu gewähren.
Der Antrag auf Abschluss eines Haftpflichtversicherungsvertrages für Zweiräder, Personen- und Kombinationskraftwagen bis zu 1 t Nutzlast gilt nach § 5 Abs. 3 PflVG zu den für den Geschäftsbetrieb des Versicherungsunternehmens maßgebenden Grundsätzen und zum allgemeinen Unternehmenstarif als angenommen, wenn der Versicherer ihn nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen vom Eingang des Antrags an schriftlich ablehnt oder wegen einer nachweisbaren höheren Gefahr ein vom allgemeinen Unternehmenstarif abweichendes schriftliches Angebot unterbreitet.
Nach § 1 PflVG ist der Halter eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers mit regelmäßigem Standort im Inland verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden nach den folgenden Vorschriften abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen (§ 1 des Straßenverkehrsgesetzes) verwendet wird.
1.2. Der Kläger trägt zwar vor, es sei unerlässlich für ihn, dass die Fahrzeuge am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, insbesondere bei Vorführungen, aber auch bei anderen Gelegenheiten (Bl. 3 d.A.) bzw. auch, er wolle die Fahrzeuge im öffentlichen Raum führen (Bl. 92 d.A.). Das ist allerdings ohne technische Genehmigung nicht zulässig.
1.2.1. Es ist nicht substantiiert dargetan (oder auch unter Beweis gestellt), wann und wo der Kläger die Fahrzeuge ohne technische Genehmigung (verbotswidrig) im öffentlichen Verkehrsraum verwendet bzw. verwenden will (wobei auch das Abstellen im öffentlichen Verkehrsraum zum Betrieb eines Fahrzeugs gehört).
Der Vortrag des Klägers, es sei unerlässlich für ihn, dass die Fahrzeuge am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen bzw. auch er wolle die Fahrzeuge im öffentlichen Raum führen, genügt vorliegend nicht, weil der Kläger mit solchen Handlungen gegen Gesetze verstoßen würde; in der Regel werden Gesetze eingehalten; will eine Partei vortragen, dass sie beabsichtigt, gegen ein Gesetz zu verstoßen, so muss der entsprechende Vortrag konkret sein, damit er den Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung genügt; anderenfalls kann von einer ernstlichen Absicht nicht ausgegangen werden.
Dass (unabhängig von einer Haftpflichtversicherung) bei einer Verwendung der Fahrzeuge im öffentlichen Verkehrsraum ein Gesetzesverstoß vorliegen würde, ergibt sich aus folgendem:
Wenn der Kläger die Fahrzeuge auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet, betreibt er sie auch; der Betrieb ist nur zulässig, wenn jedenfalls eine technische Genehmigung vorliegt (was auch für die Risikoeinschätzung der Beklagten von erheblicher Relevanz ist). Das gilt für zulassungsfreie (§ 4 Abs. 1 FZV) wie auch für zulassungspflichtige (§ 3 FZV) Fahrzeuge. Grundvoraussetzung für den Betrieb von Fahrzeugen mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 6 km/h im öffentlichen Verkehrsraum ist (von hier nicht vorliegenden Ausnahmen z.B. bestimmte e - bikes abgesehen), dass das jeweilige Fahrz...