Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Zulassung der Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG ist grundsätzlich unzulässig und für das Beschwerdegericht nicht bindend.
Normenkette
JVEG § 4
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 07.04.2006; Aktenzeichen 13 O 2771/01) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Das LG hat den Sachverständigen ... im Februar 2005 mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Für sein schriftliches Gutachten vom 19.10.2005 hat der Sachverständige eine Vergütung von 3.477,21 EUR geltend gemacht und deren gerichtliche Festsetzung beantragt. Das LG hat mit Beschluss des Einzelrichters vom 7.4.2006 die dem Sachverständigen aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 3.354,55 EUR festgesetzt. Dagegen hat der Sachverständige mit Schreiben vom 5.6.2006 Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen die Kürzung der nach § 7 Abs. 2 Satz 1 JVEG geltend gemachten Kosten für 95 Farbkopien à 2 EUR wendet, die das LG nach § 12 Abs. 1 NR. 2 JVEG vergütet hat.
Der Einzelrichter hat mit Beschluss vom 8.6.2006 die Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss vom 7.4.2006 "wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage" zugelassen, der Beschwerde des Sachverständigen aber nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde des Sachverständigen ... ist unzulässig.
Gegen den gerichtlichen Vergütungsfestsetzungsbeschluss ist nach § 4 Abs. 3 JVEG die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt lediglich 122,66 EUR. Das LG hat die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluss vom 7.4.2006 auch nicht zugelassen.
Die nachträgliche Zulassung der Beschwerde gem. Beschluss des LG vom 8.6.2006 ist unzulässig und entfaltet deshalb auch keine Bindungswirkung nach § 4 Abs. 4 Satz 1 JVEG. Denn nach § 4 Abs. 3 JVEG kann die Beschwerde nur "in dem Beschluss" zugelassen werden, mit dem die Vergütung des Sachverständigen nach § 4 Abs. 1 JVEG festgesetzt worden ist. Ist in diesem Beschluss die Zulassung der Beschwerde unterblieben, dann kann sie später nicht nachgeholt werden (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 4 JVEG Rz. 25). Die Gegenmeinung, wonach die zunächst unterbliebene Zulassung der Beschwerde auch noch später - z.B. nach Einlegung und Begründung einer Beschwerde - nachgeholt werden kann (so Meyer-Höver/Bach, JVEG, 23. Aufl., § 4 Rz. 4.15 unter e), ist abzulehnen. Denn § 4 Abs. 3 JVEG bestimmt ausdrücklich, dass die Zulassung der Beschwerde "in dem Beschluss" zu erfolgen hat, mit dem die Vergütung oder Entschädigung nach § 4 Abs. 1 JVEG festgesetzt worden ist.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO hat der BGH bereits entschieden, dass die Zulassung - wenn sie in dem angefochtenen Beschluss unterblieben ist - nicht nachgeholt werden kann, auch nicht in entsprechender Anwendung des § 321 ZPO (BGH NJW 2004, 779). Das Gericht ist nämlich an seine bereits getroffene Entscheidung, in der die Zulassung der Rechtsbeschwerde unterblieben ist, grundsätzlich gebunden (BGH a.a.O.). Das gilt auch für die Zulassung der Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG.
Zwar kann eine gerichtliche Entscheidung, in der die beschlossene Zulassung eines Rechtsmittels nur versehentlich nicht ausgesprochen worden ist, nach § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt werden (BGH NJW 2004, 779 [2389]). Dafür ist aber erforderlich, dass das Versehen nach außen hervorgetreten und auch für Dritte ohne weiteres erkennbar ist (BGH a.a.O.). Ein solcher Fall lag hier indessen nicht vor. Dem Beschluss des LG vom 7.6.2006 lässt sich auch nicht andeutungsweise entnehmen, dass das LG die Beschwerde gegen diesen Beschluss nach § 4 Abs. 3 JVEG zulassen wollte.
Schließlich kommt ausnahmsweise eine ergänzende Zulassung der Beschwerde entsprechend § 4a JVEG dann in Betracht, wenn durch willkürliche Nichtzulassung der Beschwerde in der angefochtenen Entscheidung Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind (vgl. BGH NJW 2004, 2529). Auch ein solcher Fall lag hier aber nicht vor. Dass der Einzelrichter schon bei Erlass des Beschlusses vom 7.4.2006 davon ausgegangen ist, dass die von ihm entschiedene Frage grundsätzliche Bedeutung habe oder dass sich ihm dies aufdrängen musste, kann hier nicht festgestellt werden. Aus den Gründen des Beschlusses vom 7.4.2006 ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Fundstellen
JurBüro 2007, 602 |
OLGR-Süd 2007, 956 |