Leitsatz (amtlich)

Beschließt bei einer Ein-Mann-GmbH ein vollmachtloser Vertreter eine Satzungsänderung, so kann diese durch eine nachfolgende Genehmigung der Erklärungen durch den Alleingesellschafter Wirksamkeit erlangen.

 

Normenkette

BGB § 180 S. 2, § 177; GmbHG §§ 35, 47, 53

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 30.06.2010; Aktenzeichen HRB 69583 (Fall 11))

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG München vom 30.6.2010 aufgehoben.

II. Die Akten werden dem AG München zur weiteren Durchführung des Eintragungsverfahrens zurück gegeben.

 

Gründe

I. Die L. GmbH (Beteiligte zu 2) ist alleinige Gesellschafterin der B. GmbH (Beteiligte zu 1). Mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 12.5.2010 wurden Satzungsänderungen bezüglich der Beteiligten zu 1 zur Eintragung angemeldet. Diese Satzungsänderungen wurden im Rahmen einer Gesellschafterversammlung vom 13.4.2010 beschlossen, bei der Frau R. für die Beteiligte zu 2 vorbehaltlich deren Genehmigung, die mit ihrem Eingang beim Notar allen Beteiligten gegenüber als mitgeteilt gelten und rechtswirksam sein sollte, handelte. Dem Eintragungsersuchen war eine notariell beglaubigte Genehmigungserklärung der Beteiligten zu 2 vom 20.4.2010 beigefügt. Darin genehmigte die Beteiligte zu 2, vertreten durch einen ihrer Geschäftsführer gemeinsam mit einer Prokuristin, die von Frau R. beschlossenen Satzungsänderungen.

Mit Schreiben vom 9.5.2010 wies das Registergericht darauf hin, dass die Beschlussfassung durch Frau R. als Vertreterin ohne Vertretungsmacht in entsprechender Anwendung des § 180 BGB nicht der Genehmigung zugänglich sei, da bei Vornahme des Rechtsgeschäfts niemand von Seiten der Gesellschaft zugegen gewesen sei. Die Auffassung anderer Gerichte, die eine Genehmigung als zulässig erachten, werde nicht geteilt. Mit Beschluss vom 30.6.2010 wies das Registergericht die Anmeldung zurück, gegen den die Beteiligte zu 2 Beschwerde einlegte. Die Beschwerdeführerin ist im Kern der Auffassung, dass die Auffassung des AG unzutreffend sei.

Vielmehr sei die vollmachtslose Beschlussfassung der Genehmigung i.S.d. § 180 Satz 2 BGB zugänglich. Auch bestehe eine Praxisnotwendigkeit für die gewählte Verfahrensweise. Das Registergericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Senat zur Entscheidung vor.

II. Die zulässige Beschwerde (§ 382 Abs. 3 i.V.m. § 58 FamFG) ist auch begründet. Das von dem Registergericht erkannte Eintragungshindernis besteht nicht, da die angemeldeten Satzungsänderungen von der Beteiligten zu 2 genehmigt werden konnten und daher Rechtswirksamkeit erlangt haben. § 180 BGB steht der Genehmigung einer vollmachtslosen Beschlussfassung für eine Ein-Mann-GmbH nicht entgegen.

1. Die von dem Registergericht erhobenen Bedenken greifen nicht, da die von den Beteiligten gewählte Verfahrensweise für die Beschlussfassung im Einklang mit § 180 S. 2 BGB steht.

a) Die zur Eintragung angemeldeten Satzungsänderungen müssen gem. § 53 Abs. 1 und 2 GmbHG durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen, der notariell beurkundet werden muss. Eine Vertretung bei der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung ist dabei grundsätzlich zulässig (§ 47 Abs. 3 GmbHG). Die Beschlussfassung selbst erfolgt durch Stimmabgabe. Diese ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der eine Willensbildung durch Beschluss in den Angelegenheiten der Gesellschaft herbeigeführt werden soll (OLG Frankfurt GmbHR 2003, 415). Erklärungsempfänger ist dabei nach allgemeiner Auffassung die Gesellschaft, deren Angelegenheiten durch den im Wege der Stimmabgabe herbeigeführten Gesellschafterbeschluss geregelt werden (vgl. BGHZ 52, 316; BayObLG DB 1989, 374, OLG Frankfurt DNotZ 2003, 459 [460]; Zöllner in Baumbach/Hueck GmbHG § 47 Rz. 7), und die dabei durch den Versammlungsleiter, die Mitgesellschafter oder die Geschäftsführer vertreten wird (Lutter/Hommelhoff GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rz. 2).

b) Dies ist nach herrschender Meinung selbst dann der Fall, wenn der Beschluss durch Abstimmung des Ein-Mann- oder des einzig erschienenen Gesellschafters zustande kommt (Zöllner in Baumbach/Hueck, a.a.O., § 47 Rz. 7, 55; Michalski/Römermann GmbHG 2002 § 47 Rz. 377; Scholz/K. Schmidt GmbHG, 10. Aufl., § 47 Rz. 87; OLG Frankfurt GmbHR 2003, 415; Roth/Altmeppen/Roth 2009 6. Aufl. § 47 Rn. 5; Lutter/Hommelhoff a.a.O. Rn. 2; a.A. Rohwedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner GmbHG, 4. Aufl., § 47 Rz. 23). Demgemäß bestimmt sich die Wirksamkeit der vollmachtlosen Stimmabgabe (auch) bei einer sog. Ein-Man-GmbH nicht nach § 180 S. 1, sondern nach § 180 S. 2 BGB (vgl. auch Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 47 Rz. 7). Infolge dessen können auch die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung finden, so dass eine vollmachtslose Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung grundsätzlich nach § 177 Abs. 1 BGB genehmigungsfähig ist (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O., für den Fall, dass sich im Nachhinein die Wirksamkeit der Bevollmächtigung als unzutreffend herausgestellt hat; OLG Celle NZG 2007, 391...

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