Leitsatz (amtlich)
1. Über den Antrag auf Ablehnung eines Schiedsrichters entscheidet das Schiedsgericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters.
2. Bei der Entscheidung des staatlichen Gerichts über das Ablehnungsgesuch kommt es die fehlerhafte Besetzung des Schiedsgerichts regelmäßig nicht an.
Normenkette
ZPO § 1037
Tenor
I. Der Antrag des Schiedsbeklagten auf Ablehnung des Schiedsrichters Eckehard W. Gebauer wird abgewiesen.
II. Der Schiedsbeklagte trägt die Kosten dieses Verfahrens.
III. Der Geschäftswert für das gerichtliche Verfahren wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind Ärzte, die sich durch Vertrag vom 28.8.2002 unter Gründung einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts zur Ausübung ihrer Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossen haben. In der am selben Tag abgeschlossenen Schiedsgerichtsvereinbarung für mögliche Streitigkeiten aus dem Vertrag wurde zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts eine namentlich nicht benannte zum Richteramt befähigte Person bestimmt. Hinsichtlich der Beisitzer wurde folgende Regelung getroffen:
§ 2
I. Bis die Parteien sich ggf. auf eine neue Beisitzerregelung einigen, werden hiermit einvernehmlich Steuerberater E.W.G. und Wirtschaftsprüfer, Steuerberater M.M. als Beisitzer bestimmt.
Die Parteien können jederzeit einvernehmlich eine andere Beisitzerregelung treffen.
Bei dem Beisitzer E.W.G. handelt es sich um den Steuerberater des Schiedsklägers, bei M.M. um den Steuerberater des Schiedsbeklagten.
Der Schiedskläger hat am 20.7.2005 einen Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahrens gestellt. Zuvor hatte er wegen angeblicher Verfehlungen des Schiedsbeklagten den Gesellschaftsvertrag mehrfach fristlos aufgekündigt und vom Schiedsbeklagten Räumung der Praxis verlangt. Der Schiedsbeklagte hatte sich dem Begehren des Schiedsklägers widersetzt.
Inzwischen haben die in der Schiedsvereinbarung genannten Beisitzer einen Vorsitzenden bestimmt. Dieser veranlasste, dass beide Parteien und alle drei Schiedsrichter mit Datum vom 26.8.2005 bis 31.8.2005 einen Schiedsrichtervertrag abschlossen, wobei die Unterschriften beider Schiedsparteien vom 31.8.2005 datieren.
Mit Schriftsatz vom 9.9.2005 hat der Schiedsbeklagte den Schiedsrichter E.W.G. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Beschl. v. 4.10.2005, beim früheren Verfahrensbevollmächtigten des Schiedsbeklagten laut Eingangsstempel eingegangen am 10.10.2005, hat das Schiedsgericht ohne Mitwirkung des abgelehnten Schiedsrichters diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen.
Mit am 10.11.2005 bei der allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden in M. eingegangenem, an das OLG adressiertem Schriftsatz seines früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 9.11.2005 hat der Schiedsbeklagte eine gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung beantragt. Der Schiedsbeklagte rügt, dass das Schiedsgericht am 4.10.2005 in fehlerhafter Besetzung entschieden habe. Ferner habe das Schiedsgericht den Ablehnungsantrag zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen; eine Präklusion möglicher Ablehnungsgründe sei nicht eingetreten.
Der Schiedskläger hat beantragt, den Antrag des Schiedsbeklagten zurückzuweisen.
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist gem. § 1036 Abs. 2, § 1037 Abs. 2, Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Antragstellerseite, wie auf dem Schriftstück durch Eingangsstempel vermerkt, von der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 4.10.2005 am 10.10.2005 Kenntnis erlangt hat. Der Antrag wurde somit fristgerecht innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung gestellt (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Maßgebend ist der Eingang bei der allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden am 10.11.2005 (BGH v. 22.5.2003 - I ZB 32/02, BGHReport 2003, 1035). Örtlich zuständig ist das OLG München (§ 8 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz i.d.F. v. 16.11.2004, GVBl. S. 471).
2. Das Schiedsgericht hat über den Ablehnungsantrag ohne Mitwirkung des abgelehnten Schiedsrichters beschlossen. Dies entspricht zwar dem allgemeinen Grundsatz des § 45 Abs. 1 ZPO, nach dem über ein Ablehnungsgesuch das Gericht ohne Mitwirkung des Abgelehnten entscheidet. Dieser Grundsatz gilt aber vorliegend nicht. Nach § 1037 Abs. 2 S. 2 ZPO entscheidet über die Ablehnung zunächst das Schiedsgericht. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt sich, dass der abgelehnte Schiedsrichter an der Entscheidung mitwirkt (Mankowski, SchiedsVZ 2004, 304 [305]; so auch Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 1037 Rz. 4; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1037 Rz. 2; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 14, Rz. 22; BAG v. 11.9.2001 - 1 ABR 5/01, MDR 2002, 343 = BAGReport 2002, 79).
Das Gesetz besagt indes nichts über die Rechtsfolgen der unterbliebenen Mitwirkung des abgelehnten Richters. Nach § 1037 Abs. 3 S. 1 ZPO kann der Antragsteller innerhalb eines Monats das staatliche Gericht anrufe...