Leitsatz (amtlich)
Hindert eine psychische Erkrankung rechtlich nicht die Besorgung eigener Angelegenheiten des Betroffenen, auch durch Beauftragung und Bevollmächtigung Dritter, kann ihm grundsätzlich kein Betreuer bestellt werden, selbst wenn er dies beantragt (hier: für die Abwicklung einer Rechtsanwaltskanzlei). Der Erforderlichkeitsgrundsatz des Betreuungsrechts dient auch dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung unnötiger Betreuungen.
Normenkette
BGB § 1896
Verfahrensgang
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des LG Ansbach vom 12.1.2005 wird zurückgewiesen.
III. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Auf Anregung des Vollstreckungsgerichts leitete das VormG im Mai 2004 ein Verfahren mit dem Ziel ein, die Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen zu überprüfen. Mit Beschl. v. 15.9.2004 stellte es das Verfahren ein und lehnte die Bestellung eines Betreuers ab. Die Beschwerde des Betroffenen hat das LG mit Beschl. v. 12.1.2005 zurückgewiesen. Hiergegen legte der Betroffene am 3.2.2005 weitere Beschwerde ein, die auf Bestellung eines Betreuers mit dem Wirkungskreis "Angelegenheiten der ehemaligen Rechtsanwaltstätigkeit und damit verbundene Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten" gerichtet ist. Gleichzeitig hat der Betroffene Prozesskostenhilfe beantragt.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 BGB lägen nicht vor, da die bei dem Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmende sog. "schizophrenia simplex" weder die freie Willensbestimmung ausschließe noch den Betroffenen daran hindere, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Dieser Befund ergebe sich aus dem Gutachten des LGarztes, der dem Beschwerdegericht seit Jahren als zuverlässiger psychiatrischer Sachverständiger bekannt sei. Die Kammer habe keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen, die sich mit der Krankheitsgeschichte des Betroffenen und den bisher eingeholten Gutachten, die zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Geschäfts- und Prozessfähigkeit des Betroffenen gekommen seien, ausführlich auseinandergesetzt habe. Die Begutachtung durch einen weiteren Sachverständigen, die der Betroffene wünschte, hat das LG abgelehnt, da dieser keine konkreten Einwendungen gegen den Inhalt des vorliegenden Gutachtens vorgebracht habe. Allein der Umstand, dass er mit einem Teilergebnis des Gutachtens nicht einverstanden sei, rechtfertige nicht die Einholung eines weiteren Gutachtens.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
a) Für einen Volljährigen muss ein Betreuer bestellt werden, wenn er aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann, und zwar auch nicht durch einen Bevollmächtigten (§ 1896 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB). Es genügt also nicht die Feststellung einer der im Gesetz genannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Vielmehr muss diese auch konkret festzustellende Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung seiner eigenen Angelegenheiten haben (Schwab in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. § 1896 BGB Rz. 20; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1896 BGB Rz. 18; Knittel, BtG, § 1896 BGB Rz. 6).
Ist diese nicht beeinträchtigt, besteht ein Betreuungsbedürfnis nicht schon dort, wo auch ein gesunder Volljähriger sich der Hilfe eines anderen (Rechtsanwalt, Steuerberater usw.) bedienen würde oder müsste. Nur wenn der Betroffene psychisch außer Stande ist, solche Hilfe von sich aus in Anspruch zu nehmen oder sogar die Notwendigkeit der Inanspruchnahme zu erkennen, kommt die Anordnung einer Betreuung in Betracht (BayObLG NJWE-FER 2001, 151; OLG Zweibrücken BtPrax 2004, 155, m.w.N.). Fehlt diese Voraussetzung, darf eine rechtliche Betreuung im Regelfall auch nicht auf Antrag des Betroffenen errichtet werden (OLG Zweibrücken BtPrax 2004, 155, m.w.N.). Denn der Grundsatz der Erforderlichkeit der Betreuung dient auch dem öffentlichen Interesse daran, erkennbar unnötige Betreuungen zu vermeiden (OLG Zweibrücken BtPrax 2004, 155; OLG Köln FamRZ 1996, 249; OLG Hamm v. 23.1.2001 - 15 W 365/00, OLGReport Hamm 2001, 214 = FamRZ 2001, 870; Soergel/Zimmermann, § 1896 Rz. 75).
Allerdings wird auch die Auffassung vertreten, dass sich das Prinzip der Erforderlichkeit, welches auch den Nachrang der Betreuung ggü. einer Bevollmächtigung einschließt, nicht gegen den Betroffenen wenden dürfe; ihm könne nicht der Schutz des Betreuungsrechts durch eine Obliegenheit zur Erteilung von Vollmachten versagt werden (Schwab in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1896 Rz. 58). In Einzelfällen mag der Betroffene tatsächlich ein berechtigtes Interesse daran haben, einen Betreuer zu erhalten,...