Leitsatz (amtlich)

Der Betroffene ist gegen die Aufhebung der Betreuung beschwerdebefugt, wenn er die Aufrechterhaltung der Betreuung anstrebt (Abgrenzung zu BayObLG BGH v. 11.7.2000 - X ZR 126/98, MDR 2001, 94).

 

Normenkette

FGG § 20 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 16.11.2006; Aktenzeichen 7 T 475/06 (2))

AG Regensburg (Aktenzeichen XVII 0955/04)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG Regensburg vom 16.11.2006 aufgehoben.

II. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das LG Regensburg zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 5.7.2004 bestellte das Vormundschaftsgericht dem mittellosen Betroffenen auf dessen Antrag den auch von ihm vorgeschlagenen Betreuer für die Aufgaben der Vermögenssorge sowie der Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Am 20.8.2004 erweiterte es den Aufgabenkreis um die Aufenthaltsbestimmung und die Gesundheitsfürsorge. Ferner bestimmte es, dass es bis spätestens 4.7.2005 über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung entscheiden werde.

Am 13.5.2005 teilte das Gericht dem Betreuer schriftlich mit, dass es nach dem bisherigen Akteninhalt eine Verlängerung der Betreuung für weitere fünf Jahre für wahrscheinlich halte. Sofern kein Beteiligter widerspreche, könne auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden, wenn ein ärztliches Attest vorgelegt werde, aus dem sich ergebe, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verändert habe. Der Betreuer legte mit einem am 30.5.2005 bei Gericht eingegangenen Schreiben eine "fachärztliche Bescheinigung" eines Facharztes für Psychiatrie vor, wonach aufgrund der "rezidivierenden depressiven Erkrankung mit erheblichen depressiven Episoden und starker Somatisierung" des Betroffenen eine Verlängerung der Betreuung um vorerst ein weiteres Jahr im bisherigen Umfang erforderlich sei. Am 27.6.2005 hörte das Vormundschaftsgericht den Betroffenen in Gegenwart des Betreuers an. Hierbei wurde auch über die Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens gesprochen. Mit Beschluss vom 29.6.2005 beauftragte das Vormundschaftsgericht den Sachverständigen Dr. B. vom Bezirkskrankenhaus R. mit der Erstellung eines Gutachtens zu den medizinischen Voraussetzungen einer weiteren Betreuung des Betroffenen. Die hiergegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos.

Mit Beschluss vom 6.3.2006 hob das AG ohne weitere Einholung eines Gutachtens die Betreuung auf und stellte das Betreuungsverfahren ein. Dagegen legte der Betroffene Beschwerde ein mit der Begründung, die Betreuung müsse aufrechterhalten bleiben, da er dem Betreuer vieles verdanke und er befürchte, ohne diesen wieder abzustürzen. Das LG verwarf diese Beschwerde am 16.11.2006 als unzulässig.

Hiergegen richtet sich die am 27.11.2006 zu Protokoll des Rechtspflegers am LG von der Mutter des Betroffenen in dessen Vollmacht eingelegte weitere Beschwerde.

II. Die formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig. Die weitere Beschwerde gegen die Verwerfung der Erstbeschwerde ist stets zulässig (BayObLG v. 4.1.1991 - BReg.1a Z 18/90, BayObLGZ 1991, 1 [4]). In der Sache führt die weitere Beschwerde zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Beschwerde gegen die Aufhebung der Betreuung mangels Beschwerdebefugnis des Betroffenen unzulässig sei.

2. Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine Verfügung des Gerichts erster Instanz (§ 19 Abs. 1 FGG) setzt voraus, dass der Beschwerdeführer durch die Verfügung in einem Recht beeinträchtigt ist (§ 20 Abs. 1 FGG).

Recht in diesem Sinne ist jedes dem Beschwerdeführer durch die Rechtsordnung zuerkannte und von der Staatsgewalt geschützte private oder öffentliche subjektive Recht (vgl. BGH v. 17.3.1997 - II ZB 3/96, AG 1997, 374 = NJW 1997, 1855; BayObLGZ 1998, 82 [84]), dagegen nicht schon ein rechtliches oder berechtigtes (wirtschaftliches, ideelles oder sonstiges) Interesse (vgl. BayObLG v. 4.1.1991 - BReg.1a Z 18/90, BayObLGZ 1991, 1 [4]).

Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn die angefochtene Entscheidung unmittelbar nachteilig in die Rechtsstellung des Beschwerdeführers eingreift, indem sie dessen Recht aufhebt, beschränkt, mindert oder gefährdet, die Ausübung des Rechts stört oder erschwert oder eine Verbesserung der Rechtsstellung vorenthält (vgl. BayObLG v. 4.1.1991 - BReg.1a Z 18/90, BayObLGZ 1991, 1 [4]; OLG Dresden v. 30.9.1997 - 15 W 1236/97, AG 1998, 427 = NJW-RR 1998, 830). Dabei kann nach anerkannten Grundsätzen ein Beschwerderecht grundsätzlich nur aus dem Inhalt der Entscheidungsformel, nicht aber aus der Art der Begründung der angefochtenen Entscheidung hergeleitet werden (BayObLGZ 1975, 420 [424], m.w.N.; KG OLGZ 1971, 215 [216]; Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 10. Aufl., § 20 FGG Rz. 8; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 20 Rz. 12). Für d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge