Leitsatz (amtlich)
Zur Kostentragungspflicht im Erbscheinserteilungsverfahren, wenn nach einem erfolglosen Erbscheinsantrag ein anderer Beteiligter einen erfolgreichen Antrag stellt und sich dabei Ergebnisse des ursprünglichen Verfahrens zunutze macht.
Normenkette
GNotKG § 22; FamFG § 81
Verfahrensgang
AG Augsburg (Beschluss vom 14.10.2016; Aktenzeichen 1163/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des AG Augsburg - Nachlassgericht - vom 14.10.2016 aufgehoben.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Kostenansatz durch das Nachlassgericht, mit dem ihr die Kosten für die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Klärung der Testierfähigkeit des Erblassers in Rechnung gestellt wurden.
Das vom Nachlassgericht betriebene Nachlassverfahren hat im Hinblick auf den erteilten Erbschein folgenden Verlauf genommen:
1. Mit Antrag vom 27.09.2012 beantragten die am ursprünglichen Verfahren beteiligten Brüder T. S., A. S. und W. S. einen gemeinschaftlichen Erbschein auf die Grundlage des Testaments des Erblassers vom 12.03.2009. Das Nachlassgericht hatte Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers und erholte daraufhin von Amts wegen augrund Beschlusses vom 4.10.2013 ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Klärung der Frage, ob der Erblasser bei Errichtung der Testamente vom 31.3.2006 und 12.3.2009 testierfähig war. Nachdem der Sachverständige sein Gutachten erstattet hatte und zu dem Ergebnis kam, der Erblasser sei zwar im Jahre 2009, nicht aber im Jahre 2006 testierunfähig gewesen, wies das Nachlassgericht mit Beschluss vom 26.11.2015 den vorgenannten Erbscheinsantrag der Gebrüder S. mit der Begründung zurück, der Erblasser sei bei Errichtung des fraglichen Testaments testierunfähig gewesen. Die Beschwerdeführerin war an diesem Erbscheinserteilungsverfahren beteiligt worden.
Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens entschied das Nachlassgericht:
"Die Kostenentscheidung nach § 81 FamFG ist nicht veranlasst, so dass sich die Kostentragungspflicht nach der Kostenordnung bzw. dem GNotKG richtet."
2. Die Beschwerdeführerin beantragte ihrerseits am 08.04.2016 einen Erbschein aufgrund des weiteren, vom Erblasser früher errichteten Testaments vom 31.03.2006; diesem Antrag entsprach das Nachlassgericht mit Erteilung des Erbscheins vom 08.07.2016.
Nachfolgend stellte das Nachlassgericht der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten in Rechnung, es setzte dabei insbesondere Kosten in Höhe von 4.971,29 EUR für die Einholung des genannten psychiatrischen Sachverständigengutachtens vom 30.6.2014 zur Klärung der Testierfähigkeit des Erblassers an.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen diesen Kostenansatz. Sie ist der Ansicht, diese Kosten könnten ihr nicht auferlegt werden, da sie nicht in ihrem Erscheinsverfahren angefallen seien.
Der Vertreter der Staatskasse hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Er ist der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin die Kosten tragen müsse, weil ihr das Ergebnis des psychiatrischen Sachverständigengutachtens letztlich zugute komme.
II.Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere übersteigt der Beschwerdewert mit 4.971,29 EUR die Wertgrenze des § 81 Abs. 2 Satz 1 GNotKG (200,-- EUR).
Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der Senat in seiner vom Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung berufen, nachdem der Einzelrichter das Verfahren auf den Senat gemäß § 81 Abs. 6 Satz 2 GNotKG übertragen hat.
2. Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich. Die angefochtene Entscheidung des Nachlassgerichts war aufzuheben, da ein Kostenansatz für die Kosten des gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage der Testierfähigkeit im Hinblick auf die Beschwerdeführerin nicht in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob der Kostenansatz in dem Erbscheinsantrag der ursprünglich am Verfahren Beteiligten T. S., A. S. und W. S. wurzelt oder ob der Kostenansatz im Erbscheinsantrag der Beschwerdeführerin vom 08.04.2016 resultiert.
a) Bezogen auf den Beschluss des Nachlassgerichts vom 26.11.2015, in dem der Erbscheinsantrag von T. S., A. S. und W. S. zurückgewiesen wurde, kommt eine Kostentragungspflicht der Beschwerdeführerin schon deshalb nicht in Betracht, weil das Nachlassgericht in diesem Beschluss ausdrücklich entschieden hat, dass keine Kostenentscheidung nach § 81 GNotKG ergeht, sich die Kostentragungspflicht vielmehr nach dem Gesetz richte.
Damit liegt eine abschließende und ausdrückliche Entscheidung über die Kosten dieses Verfahrens mit der Folge vor, dass sich die Kostentragungspflicht ausschließlich nach § 2 Nr. 1 KostO bzw. § 26 GNotKG richtet. Danach tragen aber allein die Antragsteller die Kosten des Verfahrens. Antragsteller im vorgenannten Erbscheinsverfahren waren jedoch ausschließlich die Gebrüder S.
b) Eine Kostentragungspflicht der Beschwerdeführerin folgt auch nicht aus dem Umstand, dass sie ihrerseits am 08.04.2016 (erfolgreich) einen eigenen Erbscheinsantrag geste...