Leitsatz (amtlich)
Eine Verteidigung des Rechtsmittelgegners ist nicht notwendig und Prozesskostenhilfe ist deshalb zu verweigern, wenn das Berufungsgericht mit der Übersendung der Rechtsmittelschrift darauf hinweist, dass es das Rechtsmitttel durch einstimmigen Beschluss zurückweisen will oder wenn das Berufungsgericht bei Übersendung der Berufungsbegründung zwar noch nicht darauf hingewiesen hat, dass es nach § 522 Abs. 2 ZPO verfahren will, wenn diese Möglichkeit aber noch besteht.
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 3 O 4673/13) |
Tenor
1. Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das LG hat mit Urteil vom 28.2.2014 die Klage vollumfänglich abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Berufung des Klägers, die der Senat nach vorangegangenem Hinweis vom 26.6.2014 (Bl. 83 d.A.) mit Beschluss vom 5.8.2014 (Bl. 94 d.A.) einstimmig gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen hat.
Die Berufungsbegründung des Klägers datiert vom 7.5.2014 (Bl. 74). Mit bereits am 22.4.2014 eingegangenem Schriftsatz vom 17.4.2014 (Bl. 72 d.A.) hatte der anwaltlich vertretene Beklagte die Zurückweisung der Berufung und gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz beantragt.
II. Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz war zurückzuweisen.
1. Zwar ist der Beklagte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten des Berufungsverfahrens - und sei es in Raten - zu tragen.
2. Auf die Erfolgssaussichten seines Verteidigungsvorbringens kommt es gem. § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht an.
3. Gleichwohl kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Beklagten ist angesichts des hier einschlägigen Verfahrens gem. § 522 Abs. 2 ZPO mutwillig, § 114 S. 1 ZPO.
a) Zwar spielt hierbei keine Rolle, dass der Antrag auf Zurückweisung der Berufung und auf Prozesskostenhilfe schon vor Eingang der Berufungsbegründung gestellt wurde. Denn vom Rechtsmittelbeklagten nach Eingang der Rechtsmittelbegründung die Wiederholung der diesbezüglichen Anträge zu verlangen, liefe auf eine überflüssige Förmelei hinaus (BGH, Beschl. v. 28.4.2010 - XII ZB 180/06, FamRZ 2010, 1147, juris Rz. 9).
b) Maßgeblich ist indessen (vgl. zum Nachstehenden die Nachweise bei BGH, a.a.O., Rz. 11), dass eine Verteidigung des Rechtsmittelgegners nicht notwendig ist und Prozesskostenhilfe deshalb zu verweigern ist, wenn das Berufungsgericht mit der Übersendung der Rechtsmittelschrift darauf hinweist, dass es das Rechtsmitttel durch einstimmigen Beschluss zurückweisen will oder wenn - wie vorliegend - das Berufungsgericht bei Übersendung der Berufungsbegründung zwar noch nicht darauf hingewiesen hat, dass es nach § 522 Abs. 2 ZPO verfahren will, wenn diese Möglichkeit aber noch besteht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Berufungsbeklagten wie hier durch den Berufungssenat keine Frist zur Äußerung zum gegnerischen Rechtsmittel gesetzt wird.
aa) Die zum Familienrecht ergangenen Entscheidungen des XII. Zivilsenates des BGH vom 28.4.2010 (a.a.O., juris Rz. 14 ff.) und vom 30.6.2010 (XII ZB 80/08, FamRZ 2010, 1423, juris Rz. 14) stehen der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Tragender Grund für die genannten Entscheidungen war die damals geltende Unanfechtbarkeit des Zurückweisungsbeschlusses (§ 522 Abs. 2 ZPO in der bis 26.10.2011 geltenden Fassung) und das hiermit verbundene Interesse des Rechtsmittelbeklagten daran, durch frühzeitige Erwiderung auf die Rechtsmittelbegründung und durch eigene zusätzliche Argumente die - bis zum Erlass des Zurückweisungsbeschlusses nicht gesicherte - Zurückweisung der Berufung zu fördern. Dieser Vorteil des Verfahrens gem. § 522 Abs. 2 ZPO für den um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Rechtsmittelgegner ist durch die Neufassung dieser Vorschrift durch das Gesetz vom 21.10.2011 (BGBl. 2011 I, 2082) entfallen, und hiermit auch die tragende Begründung der genannten Rechtsprechung des BGH.
bb) Seither hat wieder zu gelten, dass unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) zwar eine weitgehende Gleichstellung von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten ist. Der Unbemittelte braucht aber nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch die Kosten berücksichtigt (BGH v. 30.6.2010, a.a.O., juris Rz. 12). Einer Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessiert, kann zugemutet werden, zulässige - kostenträchtige - Maßnahmen erst dann vorzunehmen, wenn diese wirklich notwendig werden (BGH v. 28.4.2010, a.a.O., juris Rz. 8).
cc) In diesem Sinne bestand im vorliegenden Verfahren zu keinem Zeitpunkt eine Notwendigkeit, beklagtenseits Kosten auslösende Maßnahmen zu ergreifen. Der Beklagte wurde durch den Senat nicht aufgefordert, zur Beruf...