Leitsatz (amtlich)
1. Enthält ein Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts eine echte Wertsicherungsklausel, ist bei der Bewertung des Erbbaurechts ein Zuschlag zum 25-fachen Erbbauzins, der sich an den voraussichtlichen Erhöhungen des jährlichen Erbauzinses nach dem Vertrag während 25 Jahren orientiert, hinzuzurechnen. Die Zugrundelegung einer jährlichen Teuerung zwischen 1,4 und 2,3 % ist aus Rechtsgründen derzeit nicht zu beanstanden.
2. Ist der Grundstückseigentümer mit dem Vorkaufberechtigten am Erbbaurecht identisch, wird die Wahrscheinlichkeit einer Ausübung des Vorkaufsrechtes nach den getroffenen vertraglichen Regelungen und den tatsächlichen Umständen ggü. durchschnittlichen Fällen nicht so deutlich verringert, dass aus Rechtsgründen ein Abweichen vom Regelgeschäftswert des § 20 Abs. 2 KostO geboten ist.
3. Geben die Vertragsparteien im Vertrag einen höheren Grundstückswert an als sich aus den Bodenrichtwerten ergeben würde, ist dieser bei der Bewertung in der Regel maßgebend.
Normenkette
KostO § 19 Abs. 3, § 20 Abs. 2, § 21 Abs. 1, §§ 24, 30 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Beschluss vom 09.12.2005; Aktenzeichen 11 F T 119/05) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Schweinfurt vom 9.12.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Festsetzung des Geschäftswerts für den grundbuchamtlichen Vollzug der Notarsurkunden vom 9.2.2001 (UR-Nr. ...) und 3.5.2003 (UR-Nr. ...), mit denen u.a. der Beteiligten zu 1 ein Erbbaurecht bestellt wurde, eine Wertsicherungsklausel für den Erbbauzins und Vorkaufsrechte für das Erbbaurecht zugunsten des Grundstückseigentümers und für das Grundstück zugunsten der Beteiligten zu 1) vereinbart wurden. Eine Veräußerung des Erbbaurechts bedarf demnach nur im Falle der Veräußerung an ein nicht mit der Beteiligten zu 1) verbundenes Unternehmen der Zustimmung des Grundstückseigentümers. Die Wertsicherungsklausel lautet:
"Verändert sich der vom statistischen Bundesamt festgestellte Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland (Basis 1995 = 100 Punkte) im Vergleich zum Index des 25. Monats nach Zustandekommen dieses Vertrags oder im Vergleich zur letzten Änderung um mehr als 10 %, so ändert sich die Höhe des jährlichen Erbbauzinses um 67 % der Indexveränderung nach oben oder unten. Eine Angleichung erfolgt jedoch frühestens 2 Jahre nach der Anpassung."
Nach Erinnerung gegen die Kostenrechnung setzte das AG mit Beschl. v. 10.1.2005 den Geschäftswert für die Eintragung des Erbbaurechts auf 2.882.459,10 EUR, des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht auf 2.080.344,40 EUR und des Vorkaufsrechts am Grundstück auf 527.257,50 EUR fest.
Das LG bestätigte am 9.12.2005 diese Entscheidung und ließ die weitere Beschwerde zu. Die Beteiligte zu 1) wendet sich mit der weiteren Beschwerde vom 5.1.2006 gegen die Zurückweisung ihrer Beschwerde mit den Anträgen, unter Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses den Geschäftswert
a) für die wertgesicherte Erbbaurechtsreallast um 10 % herabzusetzen,
b) für das Vorkaufsrecht am Erbbaurecht auf 10 % des Wertes des Erbaurechts, bestehend aus den voraussichtlichen Baukosten von 1.278.229,70 EUR, 2.402.049,25 kapitalisierten Erbbauzins zzgl. 10 %, festzusetzen,
c) den Wert des Vorkaufsrecht am Grundstück auf Grundlage des Bodenrichtwerts neu zu berechnen.
II. Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
a) Dem sich aus der Notarurkunde ergebenden Erbbauzins von 162.000 DM pro Jahr sei die Umsatzsteuer von 16 % hinzuzurechnen, so dass sich ein Betrag von 187.920 DM, also 96.081,97 EUR ergebe. Nach § 24 Abs. 1a KostO sei der 25-fache Betrag festzusetzen; wegen der Wertsicherungsklausel sei ein Zuschlag von 20 % zu machen. Damit ergebe sich insoweit ein Geschäftswert von 2.882.459,10 EUR.
b) Nach § 20 Abs. 2 KostO sei für das Vorkaufsrecht am Erbbaurecht der Regelwert, nämlich die Hälfte des Wertes des Erbbaurechts nach Buchst. a zzgl. der voraussichtlichen Baukosten von 1.278.229,70 EUR maßgebend, also 2.080.344,40 EUR. Ein Anlass für die Abweichung von dem Regelwert bestünde nicht.
c) Im Erbbaurechtsvertrag vom 9.2.2001 sei auf S. 16 bestimmt, dass im Falle des Ankaufs des Grundstücks von einem Preis von 250 DM/m2 auszugehen sei. Es sei davon auszugehen, dass sowohl der Notar, als auch die Beteiligten einen gemeinen Wert von 250 DM/m2 zugrunde gelegt hätten. Die Richtwerttabelle könne daher nicht mehr herangezogen werden. Damit errechne sich der Geschäftswert insoweit wie folgt: 250 DM/m2: 1,95583 EUR/DM × 8.250m2: 2 = 527.257,50 EUR.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand (§ 31 Abs. 3 S. 5, § 14 Abs. 5 S. 2 KostO, § 546 ZPO).
a) Zu Recht hat das LG den Geschäftswert für den Erbbaurechtsvertrag mit der Wertsicherungsklausel auf 2.882.459,10 EUR festgesetzt.
aa) Nach § 21 Abs. 1 S. 2, § 24 Abs. 1 Buchst. a KostO ist vorliegend der 25-fache Betrag des jährlichen Erbbauzinses zur Berechnung des Geschäf...