Leitsatz (amtlich)
Dass die Fahrbahn neben ihrem eigentlichen Zweck, dem Fahrzeugverkehr zu dienen, auch von Fußgängern überquert werden darf, zwingt den Verkehrssicherungspflichtigen nicht dazu, das gesamte Straßennetz in einem Zustand zu erhalten, der auch für den die Straße überquerenden, vom Fahrzeugverkehr abgelenkten Fußgänger völlig gefahrlos ist; damit wären die Grenzen des dem Sicherungspflichtigen Zumutbaren überschritten.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München II vom 7.12.2011 durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
II. Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen ab Zugang zu dem Beschluss Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Voraussetzungen für die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das LG hat mit zutreffenden Erwägungen die Klage abgewiesen. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die Entscheidung des LG entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gilt der Grundsatz, dass der Verkehrssicherungspflichtige Straßensicherungsmaßnahmen nach den Anforderungen des Verkehrs auszurichten hat, für den die Verkehrsfläche gewidmet ist. Wer eine Straße über den Widmungszweck hinaus benutzt, kann sich nur auf solche Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten berufen, die gegenüber dem zugelassenen Verkehr geboten gewesen wären (vgl. dazu OLG Celle NJW-RR 1989, 159).
Die Rechtsprechung für Niveauunterschiede auf Bürgersteigen kann daher nicht angewendet werden, wenn ein Fußgänger die Straße überquert. Der Höhenunterschied zwischen den am Rande der Straße herausragenden Gully und dem übrigen Straßenkörper stellt weder für den Autoverkehr noch für den Zweiradverkehr eine Gefährdung dar, die Sicherungsmaßnahmen erforderlich machen. Sofern ein Fußgänger eine Straße überquert, muss er seine Aufmerksamkeit mithin nicht nur auf den Straßenverkehr, sondern im stärkeren Maße als bei der Benutzung eines Geh- oder Fußgängerweges auch auf die Beschaffenheit des Untergrundes richten, der, wie ausgeführt, nicht den Anforderungen auf Gehwegen zu entsprechen braucht. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob ein sicherer Fußgängerüberweg in der Nähe vorhanden ist. Es gilt vielmehr der Grundsatz, dass der Fußgänger, der den Gehweg verlässt und auf den Straßenkörper tritt, weiß, dass er sich nunmehr nicht mehr auf einem für Fußgänger gewidmeten Verkehrsweg befindet und daher eine besondere Aufmerksamkeit auf den Untergrund der Straße zu richten hat. Es kann daher der Auffassung der Klägerin nicht gefolgt werden, dass eine Straße, die regelmäßig von Fußgängern überquert wird, den Sicherheitsanforderungen eines Gehweges genügen muss.
Der Senat empfiehlt der Klägerin zur Vermeidung weiterer Kostennachteile, die aussichtslose Berufung zurückzunehmen.
Fundstellen