Leitsatz (amtlich)
Zur gerichtlichen Zuständigkeit bei Urheberrechtsverletzung im Internet.
Normenkette
UrhG § 97; ZPO §§ 32, 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
AG Bochum (Aktenzeichen 42 C 62/09) |
AG München (Aktenzeichen 161 C 31050/08) |
Tenor
Zuständig ist das AG Bochum.
Gründe
Die Klägerin, ein kartographischer Verlag mit Sitz im Bezirk des AG München, betreibt eine Internetseite, von der aus Stadtpläne u..ä. unentgeltlich aufgerufen werden können, wobei darauf hingewiesen wird, dass die Nutzung solcher Kartographien nur gegen Entgelt gestattet ist. Sie begehrt von der Beklagten, die ihren Sitz im Zuständigkeitsbereich des AG Hagen hat, nach § 97 UrhG Schadensersatz i.H.v. 1.050 EUR wegen Urheberrechtsverletzung infolge einer unberechtigten Verwendung einer Internet-Karthographie. Unstreitig hat die Beklagte eine Karte ohne Abschluss der entsprechenden Lizenzvereinbarung auf ihre eigene Internetseite eingestellt. Im Mahnbescheidsantrag hat die Klägerin bestimmt, dass der Rechtsstreit nach Widerspruch an das AG München abzugeben sei. Dieses wies die Parteien zunächst darauf hin, dass es an ausreichendem Vortrag zur bestimmungsgemäßen Aufrufbarkeit der Internetseite der Beklagten fehle. Nachdem hierauf kein Vortrag erfolgte, die Klägerin vielmehr lediglich einen entsprechenden Verweisungsantrag stellte, verwies es den Rechtsstreit an das für den Sitz der Beklagten für Urheberrechtsverletzungen gem. § 2 NRWGeschmMRKonzVO örtlich zuständige AG Bochum. Dieses lehnte die Übernahme ab, weil es das AG München für zuständig und dessen Verweisungsbeschluss für nicht bindend hält. Die Internetseite der Klägerin sei im gesamten Bundesgebiet bestimmungsgemäß aufrufbar, so dass Tatort auch München sei, den Vortrag der Klägerin hierzu habe das AG München nicht zur Kenntnis genommen und daher das rechtliche Gehör verletzt. Durch die im Mahnverfahren erfolgte Wahl des Gerichtsstands München habe die Klägerin zudem ihr nach § 35 ZPO bestehendes Wahlrecht unter verschiedenen Gerichtsständen bereits ausgeübt.
II. Das OLG München ist zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem AG München und dem AG Bochum berufen, da das zuerst mit der Sache befasste Gericht in seinem Gerichtsbezirk liegt (§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO).
Zuständig ist das AG Bochum, da es an den Verweisungsbeschluss des AG München gebunden ist (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Die Bindungswirkung tritt ausnahmsweise dann nicht ein, wenn die Verweisung unter Verletzung des rechtlichen Gehörs zustande gekommen ist oder sich so weit von der gesetzlichen Grundlage entfernt, dass sie im Hinblick auf das Gebot des gesetzlichen Richters und das Willkürverbot des Grundgesetzes nicht hingenommen werden kann (BGHZ 102, 338 [341]; BayObLGZ 2003, 187/190; Zöller/Greger ZPO, 27. Aufl., § 281 Rz. 17, 17a). Dies ist hier nicht der Fall.
Bei Urheberrechtsverletzungen ist Ort der Verletzungshandlung nicht der Ort, an dem die Lizenz einzuholen gewesen wäre, sondern der Ort, an dem die nur entgeltlich gestattete Handlung vorgenommen wird (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO, 27. Aufl., § 32 Rz. 17). Das AG München hat vor Verweisung durch rechtlichen Hinweis zu erkennen gegeben, dass es den Tatsachenvortrag zu den seine Zuständigkeit nach § 32 ZPO begründenden Umständen für nicht ausreichend hält, und dabei zutreffend nach der bestimmungsgemäßen Aufrufbarkeit der Internetseite der Beklagten gefragt. Auf die bestimmungsgemäße Aufrufbarkeit der Internetseite der Klägerin, zu der die Klägerin vorgetragen hatte, kommt es im hier erörterten Zusammenhang nicht an. Das AG München hat das rechtliche Gehör der Parteien nicht verletzt.
Auch in der Sache ist die Auffassung des AG München, der - auch auf Nachfrage nicht ergänzte - Sachvortrag der Klägerin sei nicht ausreichend gewesen, um daraus eine Zuständigkeit in seinem Gerichtsbezirk herzuleiten, gut vertretbar. In der neueren Rechtsprechung ist ohnehin eine Tendenz zu beobachten, den "fliegenden Gerichtsstand der bestimmungsgemäßen Verbreitung", der als zu ausufernd empfunden wird, einzuschränken und zusätzlich einen gewissen Ortsbezug bzw. die bestimmungsgemäße Auswirkung des Verstoßes im betreffenden Gerichtsbezirk zu fordern (vgl. für das Wettbewerbsrecht BGH GRUR 2006, 513; OLG Bremen EWiR 2000, 651; zum Urheberrecht KG GRUR-RR 2002, 343; Danckwerts GRUR 2007, 104; vgl. jetzt auch Zöller/Vollkommer 27. Aufl., § 32 Rz. 17, anders noch Vorauflage). Es wird die Meinung vertreten, auf den konkreten Internetauftritt des Urheberrechtsverletzers abzustellen und zu prüfen, ob sich daraus Umstände ergeben, die für einen lokal begrenzten Auswirkungskreis der Internetseite sprechen (vgl. Danck-werts, a.a.O., S. 107 m.w.N.). Für all das gab der Sachvortrag der Klägerin nichts her; es wurde nicht einmal die bestimmungsgemäße Aufrufbarkeit der Internetseite der Beklagten im Bezirk des AG München vorgetragen. Bei dieser Sachlage konnte das AG München seine Zuständigkeit durchaus verneinen.
Hieran ändert auch der Umstand, dass die Klägerin im Mahnbeschei...