Verfahrensgang
AG Rosenheim (Aktenzeichen 6 F 3422/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Annehmenden Joseph P. wird der Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 1.9.2016 aufgehoben und wie folgt neu gefasst: Der Anzunehmende Markus W., geb. am 15.8.1972, wird von dem Annehmenden Joseph P., geb. am 30.3.1938, als Kind angenommen.
2. Der Anzunehmende führt den Namen W.-Paulus.
3. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Mutter des Anzunehmenden Markus W. ist die Schwester des Annehmenden Joseph P. . Der Annehmende Joseph P. ist Land- und Forstwirt. Kinder hat er nicht bekommen. Der Anzunehmende Markus W. lebt mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einem Haus, das seinen Eltern gehört, in unmittelbarer Nähe des Annehmenden.
Der Anzunehmende hatte von Kindsbeinen an einen engen Kontakt zum Annehmenden. Er verbrachte die Nachmittage nach der Schule überwiegend auf dessen Hof. Er durfte auf dem Traktor zum Mähen und Heuernten mitfahren und im Kuhstall helfen. Er half bei der Geburt von Kälbern, bei der Reparatur von Maschinen und bei der Forstwirtschaft. Er setzte zusammen mit ihm eine alte Holzhütte wieder in Stand, sie machten Bergwanderungen und sonstige Ausflüge, erzeugten zusammen Apfelsaft und Most und musizierten gemeinsam mit der aus dem Familienbesitz stammenden Zither.
Der Anzunehmende war seinem Onkel bei sämtlichen behördlichen und sonstigen Schreiben behilflich, machte für ihn Besorgungen und betreute ihn bei Krankheit. Seit zwei Jahren bewirtschaftet er den Gemüsegarten des Onkels. Da der Onkel die Landwirtschaftsflächen mittlerweile verpachtet hat, hat er sich sämtliche Kenntnisse zur Bewirtschaftung von forstwirtschaftlichen Flächen angeeignet, damit er die Bearbeitung übernehmen kann, wenn der Onkel aus Altersgründen hierzu nicht mehr in der Lage sein wird. Er ist bereit, den Onkel im Bedarfsfall zu pflegen und hat ihm bereits jetzt gelegentlich die Zehennägel geschnitten.
Die Eltern des Anzunehmenden, die mit ihm in einem Haus leben, haben keine Einwendungen gegen die Adoption. Das Verhältnis zwischen ihnen und dem Annehmenden war schon immer schwierig. Während in der Vergangenheit die weitere Schwester des Annehmenden am Sonntag auf dessen Hof das Mittagessen kochte, nahmen hieran lediglich der Anzunehmende, der Annehmende, und die weitere Schwester teil, nicht aber die Eltern des Anzunehmenden.
Es ist vorgesehen, dass in absehbarer Zeit der Anzunehmende mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind auf den Hof des Annehmenden zieht.
Mit Beschluss vom 1.9.2016 lehnte das Amtsgericht den Antrag, die Adoption auszusprechen, ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Annehmenden. Er beantragt:
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 1.9.2016 wird aufgehoben.
2. Dem Antrag, auszusprechen, dass der Beteiligte zu 1) vom Beteiligten zu 2) und Beschwerdeführer als Kind angenommen wird, wird stattgegeben.
Mit Zustimmung des Anzunehmenden beantragt der Annehmende weiter, dass dieser seinen Namen dem neuen Geburtsnamen voranstellen kann.
II. Die zulässige Beschwerde des Annehmenden ist begründet und führt zur Abänderung der erstinstanziellen Entscheidung. Die formellen und materiellen Voraussetzungen für die beantragte Volljährigenadoption nach §§ 1767, 1770 BGB liegen vor.
1. Die Anträge des Annehmenden und des Anzunehmenden sind in der erforderlichen notariellen Form gemäß §§ 1767 Abs. 2, 1768 i.V.m. § 1752 Abs. 2 Satz 2 BGB gestellt worden.
2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Volljährigenadoption nach §§ 1767, 1770 BGB liegen vor. Zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden besteht ein Eltern- Kind Verhältnis.
a) Gemäß § 1767 Abs. 1 Satz 1 HS 1 BGB kann ein Volljähriger dann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Das Erfordernis der sittlichen Rechtfertigung beruht darauf, dass die Herstellung familienrechtlicher Beziehung nicht der freien Disposition der Beteiligten überlassen bleiben soll (Palandt/Götz, 75. Aufl., § 1767 BGB Rn. 2). Nach § 1767 Abs. 1 HS 2 BGB ist die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines volljährigen Kindes dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Dabei kommt es entscheidend auf die Herstellung eines sozialen Familienbandes an, das seinem Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen Band ähnelt, das unter Erwachsenen wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand geprägt ist, den sich leibliche Eltern und Kinder typischer Weise gegenseitig leisten (OLG Nürnberg FamRZ 2016, 315 m. w. N.). Ob die Annahme eines Volljährigen als Kind sittlich gerechtfertigt ist, ist das Ergebnis einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls, die das Familiengericht nach § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln hat. Hierbei muss das familienbezogene Motiv für die Adoption der entscheidende Anlass sein. Nebenzwecke sch...