Leitsatz (amtlich)

Wird ein Rechtsanwalt als Gegenbetreuer im Aufgabenbereich Vermögenssorge bestellt und rechnet seine bei der schwierigen Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Vergleichs (hier: nach Schweizer Recht) entfaltete Tätigkeit zulässigerweise nach anwaltlichen Gebührenrecht ab, kann er nicht auch eine Vergleichsgebühr beanspruchen.

 

Normenkette

BRAGO § 23 Abs. 1 S. 3, § 1835 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 27.04.2007; Aktenzeichen 4 T 88/07 und 4 T 89/07)

AG Rosenheim (Aktenzeichen XVII 66/94)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Traunstein vom 27.4.2007 zur Vergütung der Gegenbetreuerin wird aufgehoben.

II. Die Angelegenheit wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 12.7.2001 bestellte das AG die Beschwerdeführerin als Gegenbetreuerin im Aufgabenkreis Vermögenssorge. Das Gericht stützte ihre Auswahl maßgeblich auf ihre berufliche Qualifikation als Rechtsanwältin, die professionell auch mit (Vermögens-)Betreuungen befasst ist. Die Rechtsmittel gegen die Bestellung der Gegenbetreuerin blieben erfolglos. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bezog sich auf einen hinsichtlich der Erbauseinandersetzung nach dem Vater des Betroffenen in der Schweiz anhängigen Rechtsstreit, der durch einen am 6.9.2006 vom AG genehmigten gerichtlichen Vergleich vom 16.3.2006 vor dem Schweizer Kantonsgericht erledigt wurde.

Nachdem die Beschwerdeführerin bereits mehrfach rechtskräftig Vergütungen zu einem erhöhten Stundensatz von 93 EUR aufgrund ihrer aufgewendeten Zeit abgerechnet hatte, beantragte sie am 6.10.2006 für ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit dem vergleichsweise abgeschlossenen Prozess in der Schweiz Aufwendungsersatz nach Anwaltsgebührenrecht. Dabei brachte sie bereits erhaltene Vergütungen in Abzug und machte bei einem Gegenstandswert von 11.387.785 EUR Aufwendungsersatz i.H.v. 81.658,14 EUR geltend. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf den Antrag vom 6.10.2006 Bezug genommen. Das AG wies mit Beschluss vom 21.11.2006 den Antrag auf Aufwendungsersatz nach anwaltlichem Gebührenrecht zurück. Hiergegen legte die Gegenbetreuerin sofortige Beschwerde ein, wobei sie statt der ursprünglich beantragten 7,5/10 Geschäfts- und Besprechungsgebühr nunmehr vorsorglich je eine volle Geschäfts- und Besprechungsgebühr geltend machte. Außerdem hielt sie ihren Antrag auf Gewährung einer vollen Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO aufrecht. Mit Beschluss vom 27.4.2007 setzte das LG für die Tätigkeit der Gegenbetreuerin im Zusammenhang mit dem Schweizer Rechtsstreit eine Vergütung von 40.250,78 EUR fest, wies im Übrigen die sofortige Beschwerde zurück und ließ die weitere Beschwerde zu. Wegen der Berechnung der Vergütung nimmt der Senat Bezug auf den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 27.4.2007.

Mit weiterem Schreiben vom 6.10.2006 hatte die Gegenbetreuerin für ihre sonstigen Tätigkeiten im Bereich der Vermögenssorge für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis 8.8.2006 eine nach Zeitaufwand berechnete Vergütung i.H.v. 6.178,46 EUR geltend gemacht. Hilfsweise beantragte sie für die Zeit vom 6.7.2005 bis 30.6.2006 eine nach VBVG berechnete Vergütung i.H.v. 2.743,60 EUR. Ihre Vergütung sei noch nach dem bis 30.6.2005 geltenden Vergütungsrecht zu bemessen, da der für die Tätigkeit notwendige Zeitaufwand Abrechnungen aus den Jahren 1999 bis 2004 betroffen habe. Das AG setzte mit Beschluss vom 16.11.2006 für den Zeitraum 1.7.2005 bis 8.8.2006 eine nach VBVG berechnete Vergütung i.H.v. 1.459,40 EUR fest. Mit Beschluss vom 27.4.2007 wies das LG die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde zurück und ließ auch insoweit die sofortige weitere Beschwerde zu. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Gegenbetreuerin ihren ursprünglichen Antrag weiter.

II. Das gem. § 56g Abs. 5 Satz 2, § 69e Abs. 1 Satz 1 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel zum Vergütungszeitraum 1.7.2005 bis 8.8.2006 hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung insoweit im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

Das AG habe die Vergütung für die Beschwerdeführerin als berufsmäßige Gegenbetreuerin zutreffend auf 1.459,40 EUR festgesetzt. Die Vergütung bemesse sich gem. § 1908i Abs. 1 i.V.m. § 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB nach § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VBVG. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin könne nicht berücksichtigt werden, dass ihre Tätigkeit als Gegenbetreuerin in dem beantragten Zeitraum vom 1.7.2005 bis 8.8.2006 überwiegend Abrechnungen des Betreuers für die Jahre 2003 bis 2005 betraf. Seit Inkrafttreten des VBVG zum 1.7.2005 richte sich die Vergütung von ab diesem Zeitpunkt erbrachten Betreuungsleistungen ausschließlich nach diesem Gesetz. Übergangsvorschriften für Überprüfungstätigkeiten des (Gegen-)Betreuers, die nach diesem Stichtag ausgeübt wurden, jedoch Angelegenheiten betreffen, die vor diesem Stichtag angefallen seien, sehe das Gesetz nicht vor.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.

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