Leitsatz (amtlich)

Wird dem ehrenamtlichen Betreuer wegen des Umfangs und der Schwierigkeit der Betreuung eine Vergütung gewährt, ist deren Höhe nicht begrenzt durch die seit 1.7.2005 für berufsmäßige Betreuer maßgebenden pauschalierten Stundenansätze (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1270).

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 2; VBVG § 5

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 27.04.2007; Aktenzeichen 4 T 90/07)

AG Rosenheim (Aktenzeichen XVII 66/94)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Traunstein vom 27.4.2007 zur Vergütung des ehemaligen Betreuers wird aufgehoben.

II. Die Angelegenheit wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Für den im Jahr 2007 verstorbenen Betroffenen war seit vielen Jahren der Beschwerdeführer als Betreuer mit umfangreichem Aufgabenkreis tätig gewesen. Dieser übte sein Amt nicht berufsmäßig aus, erhielt jedoch regelmäßig eine Vergütung, die ihm seit 1.7.2000 auf eigenen Wunsch als monatliche Pauschale gewährt wurde, zuletzt i.H.v. 1.078,80 EUR. Wegen der Gesetzesänderung zur Betreuervergütung mit Wirkung vom 1.7.2005 stornierte der Betreuer den Dauerauftrag für seine Pauschalvergütung und bat um gerichtliche Stellungnahme zur Rechtslage nach der Änderung des Vergütungsrechts. Das AG legte daraufhin im Beschluss vom 28.3.2006 seine Rechtsauffassung dar, wonach die monatliche Pauschalvergütung gemäß Beschluss vom 12.12.2002 gegenstandslos geworden sei.

Für den Betreuungszeitraum 26.4. bis 26.7.2006 beantragte der Beschwerdeführer am 26.7.2006 eine Vergütung von 8.563,18 EUR. Dabei ging er von einem Zeitaufwand von 78 Stunden 59 Minuten bei einem Stundensatz von 93 EUR aus, zzgl. 16 % Mehrwertsteuer und Reisekosten i.H.v. 36,60 EUR. Das AG setzte am 1.12.2006 eine durch die Sätze des VBVG begrenzte Vergütung von 330 EUR fest. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wies das LG mit Beschluss vom 27.4.2007 zurück und ließ zugleich die sofortige weitere Beschwerde zu. Mit dieser begehrt der Betreuer weiterhin die Festsetzung einer Vergütung im beantragten Umfang.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Voraussetzungen für eine dem ehrenamtlichen Betreuer ausnahmsweise zu bewilligende Vergütung lägen hier vor, da nicht nur der Betroffene über ein erhebliches Vermögen verfüge, sondern insbesondere auch die Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen in der Schweiz rechtliche Schwierigkeiten und einen erheblichen Zeitaufwand mit sich bringe.

Der ehrenamtliche Betreuer könne jedoch keine höhere Vergütung verlangen, als sie einem Berufsbetreuer zustünde. Die Einwände des Betreuers rechtfertigten keine andere Sichtweise, da die Betreuungsleistungen erst nach dem Inkrafttreten des VBVG zum 1.7.2005 erbracht worden seien.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht in vollem Umfang stand.

a) Zutreffend hat das LG festgestellt, dass angesichts der Schwierigkeit insbesondere der Vermögensbetreuung eine Vergütung des ehrenamtlichen Betreuers gem. § 1836 Abs. 2 BGB durch den vermögenden Betroffenen gerechtfertigt sei. Für die Zeit vor Inkrafttreten des 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes zum 1.7.2005 habe nach h.M. in Rechtsprechung und Literatur dem ehrenamtlichen Betreuer in keinem Fall eine höhere Vergütung zugebilligt werden dürfen als einem Berufsbetreuer. Die durch einen Berufsbetreuer zu erzielende Vergütung stellte demnach einen Kontroll- und Höchstwert dar (vgl. BayObLG FamRZ 2004, 1138/1139 m.w.N.).

b) Nach dem Inkrafttreten des VBVG kann die Kontroll- und Höchstwertfunktion der Vergütung eines berufsmäßigen Betreuers für die angemessene Vergütung eines ehrenamtlichen Betreuers nicht mehr aufrechterhalten werden. Vielmehr kann aufgrund der neuen Systematik des Vergütungsrechts für Berufsbetreuer der ehrenamtliche Betreuer eine im Einzelfall höhere Vergütung erhalten als der Berufsbetreuer (vgl. ebenso OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1270; Bienwald FamRZ 2006, 1302).

c) Vor dem Inkrafttreten des VBVG richtete sich die Vergütung des Berufsbetreuers nach den entsprechend der Schwierigkeit der Betreuung unterschiedlich hohen Qualifikationsanforderungen und dem für die einzelne Betreuung zu erbringenden Zeitaufwand, durch den sich der Umfang der Betreuung bestimmte. Die Vergütung bemaß sich dann nach dem mit einem bestimmten Stundensatz zu multiplizierenden konkreten Zeitaufwand für die Betreuung.

Mit dem VBVG wurde ein System der Pauschalierung der Vergütung des Berufsbetreuers eingeführt. Maßgeblich ist nicht mehr die für die einzelne Betreuung konkret aufgewendete Zeit. Der zu vergütende Zeitaufwand wird durch in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 VBVG festgelegte Pauschalen bestimmt. Für den Berufsbetreuer kommt es nicht mehr auf die im Einzelnen Betreuungsfall angemessene Vergütung an. Die Angemessenheit der Vergütung des Berufsbetreuers soll sich nach Auffassung des Gesetzgebers aus einer Mischkalkulation zwischen aufwendigen Betreuungen mi...

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