Entscheidungsstichwort (Thema)
Coronavirus, SARS-CoV-2, Beschwerde, Vollziehung, Kindeswohl, Kindesmutter, Beschwerdevorbringen, Zulassung, Aussetzung, Beurteilung, Eltern, Impfung, Elternteil, Eingriff, Sorge, Antragsgegner, elterliche Sorge, Aussetzung der Vollziehung, gemeinsame elterliche Sorge
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 12.08.2021; Aktenzeichen 514 F 6377/21) |
Nachgehend
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 12.08.2021 wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 12.08.2021 ist zurückzuweisen, da nach vorläufiger Beurteilung des Senats die Entscheidung des Amtsgerichts zutreffend und die Beschwerde des Antragsgegners hiergegen unbegründet ist.
Dabei kann zunächst auf die sorgfältige und zutreffende Begründung in dem angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts München vom 12.08.2021 Bezug genommen werden, die sich der Senat zu eigen macht.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen sind folgende Ausführungen veranlasst:
Zunächst ist davon auszugehen, dass die Impfung eines Kindes eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung ist. Dies gilt auch und gerade für eine Impfung gegen das Coronavirus SARSCoV-2. Daher ist bei der vorliegenden Uneinigkeit der Eltern über die Durchführung einer solchen Impfung die Entscheidungsbefugnis einem Elternteil zu übertragen.
Dabei ist es nicht die Aufgabe der Gerichte, sämtliche für und gegen eine Impfung sprechenden Gesichtspunkte zusammenzutragen und zu bewerten und quasi anstelle der Eltern die Entscheidung über die Impfung zu treffen. Denn ein Eingriff in die - gemeinsame - elterliche Sorge nach § 1628 BGB ist nur insoweit zulässig, als das Gericht einem Elternteil die Entscheidungskompetenz überträgt, nicht hingegen darf das Gericht die Entscheidung anstelle der Eltern selbst treffen (BGH, Beschluss vom 03.05.2017, Aktenzeichen XII ZB 157/16, Rn. 14).
Die aufgrund § 1628 BGB zu treffende Entscheidung des Familiengerichts richtet sich gemäß § 1697a BGB nach dem Kindeswohl. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. Handelt es sich um eine Angelegenheit der Gesundheitsvorsorge, so ist die Entscheidung zugunsten des Elternteils zu treffen, der im Hinblick auf die jeweilige Angelegenheit das für das Kindeswohl bessere Konzept verfolgt (BGH, aaO, Rn. 15).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erachtet auch der Senat vorliegend das von der Kindesmutter verfolgte Konzept, nämlich die Durchführung der Impfung, als für das Kindeswohl besser geeignet.
Dabei ist zunächst zu beachten, dass nach der Entscheidung des Amtsgerichts München vom 12.08.2021 die Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO) ihre Empfehlung zur Impfung von Kindern und Jugendlichen am 16.08.2021 erweitert hat von Kindern und Jugendlichen mit Vorerkrankungen bzw. mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf auf alle Kinder und Jugendliche von mindestens 12 Jahren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind die Impfempfehlungen der STIKO als medizinischer Standard anerkannt. Daran nimmt die den Empfehlungen zugrunde liegende Einschätzung teil, dass der Nutzen der jeweils empfohlenen Impfung das Impfrisiko überwiegt (BGH, aaO, Rn. 25).
Hieran anknüpfend ist regelmäßig die Entscheidungsbefugnis demjenigen Elternteil zu übertragen, der die Impfung des Kindes entsprechend den Empfehlungen der STIKO befürwortet (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.08.2021, Aktenzeichen 6 UF 120/21).
Da sich die Kindesmutter vorliegend an den Empfehlungen der STIKO orientiert, ist ihr schon aus diesem Grund die Entscheidungsbefugnis über die Impfung zu übertragen.
Zudem ist die Kindesmutter die Hauptbezugsperson des Kindes, die sich um seinen Alltag und seine medizinische Versorgung, auch im Krankheitsfall, kümmert.
Soweit der Antragsgegner in der Beschwerde auf die nur bedingte Zulassung des Impfstoffs sowie auf etwaige Impfrisiken hinweist, ist festzustellen, dass es alleine in der Verantwortung des Arztes, der letztlich die (Zweit-)Impfung durchführt, liegt, die konkreten Impfrisiken für Leon gerade in Anbetracht seiner Behinderungen zu berücksichtigen und dementsprechend die Impfung durchzuführen oder nicht.
Die Vorbehalte des Antragsgegners gegen die Kompetenz des Kinderarztes betreffend die Corona-Impfung sind dadurch entkräftet, dass die Antragstellerin ausweislich ihres Vortrags im Schriftsatz vom 07.09.2021 die Impfung nicht beim Kinderarzt, sondern in einem Impfzentrum durchführen ließ.
Ebenso entkräftet sind durch die ausdrückliche Impfempfehlung der STIKO etwaige Erwägungen zum allgemeinen Risiko einer Ansteckung bei Kindern und Jugendlichen und zum besonderen Erkrankungsrisiko bei ... Schließlich ist aufgrund der als medizinischer Standard anerkannten Empfehlungen der STIKO die Erholung eines S...