Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge: Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter wegen Umzugs in deren Heimatland Peru
Leitsatz (redaktionell)
Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter, die mit den Kindern in ihre Heimat Peru ziehen will
Normenkette
BGB § 1671
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 03.12.2007; Aktenzeichen 524 F 6956/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG München vom 3.12.2007 aufgehoben.
2. Der Mutter und Antragstellerin wird die alleinige elterliche Sorge über die Kinder B., geb. 24.3.2003, und M., geb. 1.3.2005, übertragen.
3. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
4. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K., beigeordnet.
5. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
6. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Die Parteien sind die Eltern der Kinder B. und M.. Sie leben seit 7.2.2007 dauernd voneinander getrennt. An diesem Tag verließ der Antragsgegner die eheliche Wohnung. Er lebt mit einer neuen Partnerin zusammen. Die Kinder werden von der Antragstellerin, die die peruanische Staatsangehörigkeit besitzt, betreut und versorgt. Sie erhält für sich und die Kinder Sozialhilfe. Der Antragsgegner ist selbständig und erzielt derzeit aus seiner Firma ... GmbH nur ein geringes Einkommen. Gemäß Nachtrag zum Geschäftsführervertrag wurde seine Geschäftsführervergütung gemäß Beschluss vom 5.4.2008 ab 1.7.2008 auf monatlich 2.500 EUR abgeändert. Zurzeit bezahlt der Antragsgegner weder Kindes- noch Ehegattenunterhalt. Gemäß einer Vereinbarung der Parteien vom 8.1.2008 steht dem Antragsgegner ein Umgangsrecht mit beiden Kindern an jedem 2. Wochenende von Freitag 18.30 Uhr bis Sonntag 18 Uhr sowie unter der Woche am Mittwoch von 14 Uhr bis Donnerstag 9 Uhr zu.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 25.7.2007 die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge hinsichtlich der gemeinsamen Kinder B. und M. auf sich beantragt.
Nach Anhörung der Parteien, der Verfahrenspflegerin und der Vertreterin des Stadtjugendamtes übertrug das AG-FamG München mit Beschluss vom 3.12.2007 der Antragstellerin das
Aufenthaltsbestimmungsrecht über beide Kinder für den Großraum München und verpflichtete sie, die Reisepässe der Kinder bis zum rechtskräftigen Abschlussdes Verfahrens beim AG München zu hinterlegen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die ihr Ziel der alleinigen Übertragung der elterlichen Sorge weiterverfolgt, weil sie beabsichtigt, mit den Kindern in ihre Heimat Peru zurückzukehren.
Der Antragsgegner beantragt Zurückweisung der Beschwerde sowie die Erholung eines familienpsychologischen Gutachtens, außerdem die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach §§ 621 I Nr. 1, 621e I, III, 517 ff. ZPO zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
§ 1671 II Nr. 2 BGB lässt die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil alleine zu, wenn dies dem Kindeswohl entspricht, das heißt, die Begründung der Alleinsorge muss ggü. der Beibehaltung der gemeinsamen Sorge das Beste für die Kinder sein.
Zwar sind beide Eltern zur Erziehung geeignet. Hauptbezugsperson der noch relativ kleinen Kinder ist jedoch unbestritten die Mutter. Der Vater will lediglich ein Umgangsrecht; deshalb wünscht er die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Auf jeden Fall möchte er einen Wegzug der Kinder nach Peru verhindern, weil er in diesem Fall weitgehend den Kontakt zu den Kindern verlieren würde. Wenn die Mutter mit den Kindern in Deutschland bleibt, ist er nach wie vor mit einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter einverstanden.
Auch wenn die gemeinsame elterliche Sorge den normativen Regelfall darstellt, kann die Alleinsorge nicht als ultima ratio verstanden werden, so dass der Beibehaltung der gemeinsamen Sorge grundsätzlich nicht der Vorrang ggü. der Einzelsorge zukommt (OLG Hamm FamRZ 1999, 39). Allein der Umstand, dass ein Elternteil mit den gemeinsamen Kindern in seine Heimat ins Ausland umsiedeln will, rechtfertigt es nicht, ihm die beantragte Übertragung des Personensorgerechts zu verweigern. Für die Sorgerechtsentscheidung ist vielmehr entscheidend darauf abzustellen, was dem Kindeswohl am besten dient (OLG Köln FamRZ 2006, 1625).
Wohl des Kindes bedeutet Förderung seiner Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Entscheidend sind allein die Belange des Kindes, nicht moralische Anrechte eines Elternteils. Nach dem Förderungsprinzip erhält derjenige Elternteil die elterliche Sorge, von dem das Kind für den Aufbau seiner Persönlichkeit die meiste Unterstützung erwarten kann, welcher Elternteil also für das Kind die stabilere und verlässlichere Bezugsperson zu sein verspricht (OLG Ffm FamRZ 1994, 920). Dabei kommt es weniger auf ...