Leitsatz
Aus der Ehe getrennt lebender Eltern waren zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborene minderjährige Kinder hervorgegangen. Die Kindesmutter war peruanische Staatsangehörige und beantragte im Hinblick auf ihr Vorhaben, in ihr Heimatland Peru zurückzukehren, die Übertragung der elterlichen Sorge für die beiden minderjährigen Kinder auf sich. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens galt es zu klären, ob der beabsichtigte Umzug der Kindesmutter nach Peru mit den Kindern einen triftigen Grund für die Übertragung der elterlichen Sorge auf sie darstellt.
Sachverhalt
Die Parteien lebten sei 7.2.2007 dauernd voneinander getrennt. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborene minderjährige Kinder hervorgegangen. Der Ehemann war Anfang Februar 2007 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und lebte mit einer neuen Partnerin zusammen. Die minderjährigen Kinder wurden von der Ehefrau, einer peruanischen Staatsangehörigen, betreut und versorgt. Sie erhielt für sich und die Kinder Sozialhilfe. Der Ehemann war selbständig und erzielte aus seiner Firma nur geringes Einkommen. Er leistete weder Kindes- noch Ehegattenunterhalt. Die Ehefrau erhielt für sich und die Kinder Sozialhilfe.
Nach einer zwischen den Parteien im Januar 2008 getroffenen Vereinbarung stand dem Ehemann ein Umgangsrecht mit beiden Kindern an jedem zweiten Wochenende von Freitag, 18.30 Uhr, bis Sonntag, 18.00 Uhr, sowie während der Woche am Mittwoch von 14.00 Uhr bis Donnerstag, 9.00 Uhr, zu.
Im Juli 2007 beantragte die Kindesmutter die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die beiden gemeinsamen Kinder auf sich.
Das erstinstanzliche Gericht übertrug ihr mit Beschluss vom 3.12.2007 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder für den Großraum München und verpflichtete sie, die Reisepässe der Kinder bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bei dem AG München zu hinterlegen.
Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Kindesmutter, die ihr Ziel der alleinigen Übertragung der elterlichen Sorge weiterverfolgte, weil sie beabsichtigte, mit den Kindern in ihre Heimat Peru zurückzukehren.
Das Rechtsmittel der Kindesmutter hatte Erfolg.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG ergab sich ein Regelungsbedürfnis hinsichtlich der elterlichen Sorge ohne weiteres aus dem Streit der Eltern, ob die Kinder in Deutschland zu verbleiben haben oder es einem Elternteil erlaubt ist, zusammen mit ihnen ins fernere Ausland zu ziehen sowie der Tatsache, dass es den Eltern an einem Mindestmaß an Übereinstimmung bzw. Kooperationsbereitschaft fehle, das es gestatten würde, beiden das Sorgerecht zur gemeinsamen Ausübung zu überlassen. In Anbetracht der großen Entfernung erscheine eine solche Lösung nicht praktikabel.
Beabsichtige ein Elternteil, wie im vorliegenden Fall die Kindesmutter, die Umsiedlung ins Ausland, stehe dem Elternrecht des anderen Elternteils auf möglichst freien Umgang mit seinen Kindern aus Art. 6 GG das Recht des antragstellenden Elternteils auf örtlich freizügige Lebensgestaltung und Freizügigkeit aus Art. 2 GG entgegen, das anderenfalls in unangemessener Weise tangiert werde, wenn man wegen eines solchen Umzugs aus grundsätzlichen Erwägungen generell eine Sorgerechtsübertragung auf ihn verbieten würde. Das verfassungsrechtliche Prinzip der praktischen Konkordanz gebiete es, die Grundrechte beider Eltern zu optimaler Wirksamkeit gelangen zu lassen und einander so zuzuordnen, dass jedes von ihnen weitestgehende Wirksamkeit erlange.
Es müssten beachtenswerte Gründe vorgetragen werden, die es rechtfertigten, dass der antragstellende Elternteil ins Ausland verzieht, wie z.B. der Umzug eines Ausländers in seine Heimat. Beständen dort seine sozialen Bindungen, in die die Kinder mit einbezogen werden könnten, sei dies bei der Kindeswohlprüfung zu berücksichtigen (OLG Köln FamRZ 2006, 1625; 1626).
Ein solch triftiger Grund könnte dann vorliegen, wenn der aus beruflichen Gründen ins Ausland ziehende, bislang allein betreuende und versorgende Elternteil die Entscheidung des Umzugs deswegen treffe, um seine berufliche Zukunft und seine und die wirtschaftliche Existenz der Kinder zu sichern. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Bindungen der Kinder an diesen Elternteil eng seien und auch im Ausland die seelisch-geistige Entwicklung der Kinder gesichert erscheine, andererseits die wirtschaftliche und soziale Situation des anderen Elternteils in Deutschland fraglich sei.
Im vorliegenden Fall sorge die Antragstellerin seit der Trennung der Parteien weitestgehend alleine für die Kinder. Es könne unterstellt werden, dass die Kinder auch ihren Vater liebten und ein gutes Verhältnis zu ihm hätten. Die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens insoweit sei daher entbehrlich.
Die Kindesmutter habe im Einzelnen dargelegt und nachgewiesen, dass ihre familiäre und finanzielle Situation im Falle einer Rückkehr nach Peru gesichert sei. Beide Kinder hätten dort einen Kindergartenplatz in der deutsch-peruanischen Schule. Sie selbst könne ihr abgebrochen...