Leitsatz (amtlich)
1. Wenn das Betreuungsverfahren mit dem Tod des Betroffenen endet, ist die Tätigkeit des Betreuers zeitanteilig nur bis zum Todestag zu vergüten. Abwicklungstätigkeiten wie z.B. die Schlussabrechnung sind mit der vorherigen Pauschalvergütung abgegolten (im Anschluss an OLG Köln Beschl. v. 5.4.2006 - 16 Wx 49/06, OLGReport Köln 2006, 571; OLG Dresden Beschl. v. 23.1.2006 - 3 W 1523/05).
2. Soweit der Betreuer nach dem Tod des Betroffenen (über die Abwicklung hinaus) Geschäfte besorgt, die nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können, bis der Erbe anderweitig Fürsorge treffen kann (§ 1698b BGB), sind diese Tätigkeiten auf der Basis einer Einzelaufstellung nach Zeitaufwand konkret zu vergüten.
Normenkette
VBVG §§ 5-6; BGB §§ 1698b, 1893, 1908i
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 29.11.2005; Aktenzeichen 13 T 22538/05) |
AG München (Aktenzeichen 711 XVII 11868/96) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 29.11.2005 wird zurückgewiesen.
II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 110 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für die mittellose Betreute wurde durch Beschluss des AG vom 12.5.1997 der jetzige Beschwerdeführer als Betreuer bestellt. Zuletzt wurde die Betreuung mit Beschluss vom 2.8.2001 verlängert. Am 22.8.2005 verstarb die Betroffene. Für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.9.2005 machte der Betreuer einen Aufwand von zwei Stunden pro Monat zu je 44 EUR, insgesamt 264 EUR geltend. Das AG hat ihm nur eine Vergütung i.H.v. 154 EUR bewilligt und den darüber hinausgehenden Antrag zurückgewiesen. Durch den Tod der Betreuten am 22.8.2005 sei die Betreuung beendet und ende auch der Anspruch auf Vergütung.
Auf die sofortige Beschwerde des Betreuers bestätigte das LG mit Beschluss vom 29.11.2005 die Entscheidung des AG. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Betreuer sein Ziel weiter, eine Vergütung für volle drei Monate zu erhalten.
II. Das zugelassene und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Dem Berufsbetreuer stehe ein Vergütungsanspruch nur bis zum Ende der Betreuung am 22.8.2005 zu. Es liege eine Änderung der Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, i.S.v. § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG vor, so dass der Stundenansatz zeitanteilig nach Tagen zu berechnen sei. § 5 Abs. 5 VBVG finde keine analoge Anwendung. Eine Regelungslücke liege nicht vor. Dies ergebe sich aus den Gesetzgebungsmaterialien. Der Argumentation des Betreuers, es stelle ein Sonderopfer dar, wenn ohne eine zusätzliche Vergütung Tätigkeiten nach dem Tod der Betreuten noch vorgenommen werden müssten, könne nicht gefolgt werden. Auf der Basis der rechtstatsächlichen Untersuchung seien die Pauschalen so ermittelt worden, dass die Tätigkeiten, die bei Ende der Betreuung anfielen, in angemessener Weise mitbezahlt seien. Der Berufsbetreuer würde seine Pflichten verletzen, wenn er diese notwendigen Tätigkeiten wegen Wegfalls der minutenweisen Abrechnung nicht mehr ausführen würde. Es sei unerheblich, dass die von ihm aufgewendete Arbeitszeit 2,5 Stunden überstiegen habe. § 5 Abs. 5 VBVG habe einen anderen Sinn und Zweck und könne auf die Beendigung der Betreuung durch Tod nicht analog angewendet werden.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
a) Die Vergütung des Betreuers richtet sich in dem hier zu beurteilenden Zeitraum nach §§ 4, 5 VBVG. Dem Beschwerdeführer steht ein Vergütungsanspruch gem. § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB, § 1 Abs. 2 VBVG nur bis zum Tod der Betroffenen am 22.8.2005 zu. Weil das Betreuungsverfahren damit endet und dies einen Umstand darstellt, der sich auf die Vergütung auswirkt, ist die Vergütung gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG zeitanteilig nach Tagen zu berechnen. Der Gesetzgeber hat für den Fall der Beendigung des Betreuungsverfahrens durch Tod des Betroffenen auch eine Anwendung von § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG gewollt. Dies ergibt sich eindeutig aus den Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drucks. 15/2494, 34, wo dies in einer Beispielsrechnung eindeutig zum Ausdruck kommt; so auch OLG Köln Beschl. v. 5.4.2006 - 16 Wx 49/06, OLGReport Köln 2006, 571; OLG Dresden, Beschl. v. 23.1.2006 - 3 W 1523/05). Die konkrete Berechnung hat das AG im vorliegenden Fall rechnerisch zutreffend durchgeführt.
b) Eine weitergehende Vergütung kann der Beschwerdeführer auch nicht aus § 5 Abs. 5 VBVG herleiten. Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, weil es nicht zu einem Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer kam, sondern zu einer Beendigung des Betreuungsverfahrens durch den Tod der Betroffenen. Aber auch eine analoge Anwendung ist nicht zulässig. Voraussetzung für eine analoge Anwendung wäre u.a., dass eine planwidrige Regelungslücke insoweit besteht. Wie bereits dargelegt, hat der Gesetzgeber für den Fall der Beendigung des Betreuungsverfahrens durch Tod des Betroffenen ausdrücklich eine Anwendung von § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG gewol...