Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Ausgleich eines geringfügigen Anrechts zusammen mit einem nicht geringfügigen Anrecht beim gleichen Versorgungsträger

 

Leitsatz (redaktionell)

Entsteht bei einem geringfügigen Anrecht i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG bei Vollzug der internen Teilung nur ein geringer verwaltungsmäßiger Aufwand (Übertragung von Entgeltpunkten innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung), ist der Versorgungsausgleich dennoch durchzuführen, weil der Regelungszweck des § 18 Abs. 1, Abs. 2 VersAusglG vor allem in der Vermeidung eines im Verhältnis zum Teilungsgegenstand erheblichen Verwaltungsaufwandes besteht.

 

Normenkette

VersAusglG § 18 Abs. 1-3

 

Verfahrensgang

AG Garmisch-Partenkirchen (Beschluss vom 27.09.2010; Aktenzeichen 01 F 40/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der beschwerdeführenden Versorgungsträger wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Garmisch-Partenkirchen vom 27.9.2010 wie folgt abgeändert:

1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern Versicherungsnummer ... 32 zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 0,2903 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... 12 bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern bezogen auf den 01.2010 übertragen.

2. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern Versicherungsnummer ... 12 zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 2,0843 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... 32 bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern bezogen auf den 01.2010 übertragen.

II. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR. festgesetzt.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das AG - Familiengericht - Garmisch-Partenkirchen hat im Verbundverfahren durch Beschluss vom 27.9.2010 über die Scheidung und den Versorgungsausgleich entschieden. Jede der Parteien hatte ein Anrecht bei der beschwerdeführerenden der Deutschen Rentenversicherung Bayern.

Das Familiengericht hat das Anrecht des Antragsgegners ausgeglichen und den Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin nach § 18 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen, weil es geringfügig sei. Mit Schriftsatz vom 18.10.2010, beim AG Garmisch-Partenkirchen eingegangen am 20.10.2010, hat der Versorgungsträger der Beteiligten beim AG Garmisch-Partenkirchen die Berichtigung beantragt, hilfsweise hat er Beschwerde gegen die Entscheidung vom 27.9.2010 eingelegt.

Der Versorgungsträger der beteiligten Ehegatten hält den Ausschluss des Anrechts der Antragstellerin für nicht begründet, weil auch der Antragsgegner bei ihm ein auszugleichendes Anrecht habe.

Das AG hat mit Beschluss vom 21.10.2010 eine Berichtigung abgelehnt, weil hierfür die Voraussetzungen nicht vorlägen.

Die beteiligten Ehegatten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine solche wurde von ihnen nicht abgegeben.

Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten gem. § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung entschieden.

II.1. Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde und im Übrigen form- und fristgerecht (§§ 61 Abs. 1, 228, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG), eingelegte Beschwerde ist zulässig. Der Umstand, dass die Beschwerde unter einer Bedingung eingelegt wurde, steht dem nicht entgegen. Zwar sind Prozesshandlungen bedingungsfeindlich. Vorliegend handelt jedoch um einen innerprozessualen Vorgang, da die Beschwerde nur erhoben werden sollte, wenn der Beschluss nicht durch das AG berichtigt werden würde. Solche Bedingungen sind zulässig (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., Einleitung III Rz. 14).

2. Die Beschwerde ist auch begründet, weil das AG § 18 Abs. 2 VersAusglG unrichtig angewendet hat.

a) Der Ausgleich kann nicht nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ausgeschlossen werden, weil die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte mit 11.425,27 EUR die Grenze von 3.066 EUR übersteigt. Auf die Ausgleichswerte kann nicht abgestellt werden, weil die Bezugsgröße der Bewertung nicht Renten sind, sondern Entgeltpunkte, §§ 18 Abs. 3, 5 VersAusglG.

Allerdings ist das Anrecht der Antragstellerin trotz § 18 Abs. 2 VersAusglG auszugleichen. Zwar ist das Anrecht geringfügig, weil der korrespondierende Kapitalwert, §§ 18 Abs. 3, 5 VersAusglG, mit 1.848,80 EUR den Grenzwert von 3.066 EUR nicht erreicht. Allerdings ist es als Ausnahme von der Grundregel zu sehen, dass durch den Ausgleich kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand im Vergleich mit der Größe des Ausgleichs entsteht, weil der Ausgleich eines geringfügigen Anrechts zusammen mit einem nicht geringfügigen Anrecht beim gleichen Versicherungsträger der gesetzlichen Rentenanwartschaften einen nicht nennenswerten Aufwand bedingt (OLG Dresden FamRZ 2010, 1084; OLG Dresden 23 UF 478/10 und OLG Jena 2 UF 349/10; Bergner, Kommentar zum reformierten Versorgungsaugleich, § 18 VersAusglG, S. 117). Soweit das OLG Stuttgart eine andere Ansicht vertritt (FamRZ 2010, 1805; NJW 20...

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