Leitsatz (amtlich)
Zur Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Besorgnis der Befangenheit (hier u.a. im Zusammenhang mit der Zurückweisung eines Ablehnungsantrags gegen den vom Schiedsgericht bestellten Sachverständigen, wegen der Behandlung von Fristverlängerungsanträgen und wegen Mitgliedschaft im selben Verein).
Normenkette
ZPO §§ 1037, 1049 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
I. Die Verfahren 34 SchH 005/07 (Antrag vom 13.9.2007), 34 SchH 008/07 (Antrag vom 26.11.2007) und 34 SchH 002/08 (Antrag vom 25.2.2008) werden miteinander verbunden. Führend ist das älteste Verfahren (34 SchH 005/07).
II. Die Anträge, das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Prof. Dr. ..., Dr. ... und ..., wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, werden abgewiesen.
III. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Der Streitwert wird auf 10 Millionen EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien arbeiteten gemeinsam an der Entwicklung von Produkten für Mobilfunk-Messgeräte. Ihre Zusammenarbeit beruhte auf einem schriftlichen Vertrag vom 9.5.2000/16.5.2000, in dem sie, sofern ein Einigungsversuch scheitern sollte, vereinbarten (§ 19 Nr. 2 Abs. 2), die Streitigkeiten nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS-SGO) durch ein Dreier-Schiedsgericht endgültig entscheiden zu lassen. Als Ort des Schiedsverfahrens ist München bestimmt. In dem seit längerem anhängigen Schiedsverfahren begehrte die Antragstellerin als Schiedsklägerin von der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagten zunächst Auskunft über an Kunden ausgelieferte Software bzw. Softwarelizenzen und beantragte schließlich, diese zum Schadensersatz i.H.v. 20 Millionen EUR zu verurteilen.
A. Zum Antrag vom 13.9.2007
In der mündlichen Verhandlung vom 19. und 20.3.2007 wurde u.a. der vom Schiedsgericht bestellte Sachverständige, der einen Gutachtensentwurf am 7.11.2006 und ein schriftliches Gutachten am 5.3.2007 vorgelegt hatte, einvernommen. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Parteien und dem Sachverständigen über die Frage, auf welcher Grundlage der Sachverständige die Aufteilung der einzelnen Leistungsanteile, die seinem Gutachten zugrunde lagen, vorgenommen habe. Der Gutachter erklärte hierzu, dass diese Aufteilung in einer Besprechung erstmals von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin genannt worden sei. Ein Mitarbeiter der Antragstellerin habe sie in einer Form, an die er sich nicht mehr erinnern könne, bestätigt. Dies wurde von der Antragstellerin bestritten und darauf hingewiesen, dass sie auf dieses Verhalten des Sachverständigen möglicherweise einen Befangenheitsantrag stütze. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts schlug daraufhin vor, die Verhandlung zu unterbrechen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, zu einer etwaigen Einvernahme von präsenten, von der Antragstellerin angebotenen, Zeugen Stellung zu nehmen. Anschließend wurde der Sachverständige ausführlich zu der Frage, aufgrund welcher Umstände er die Aufteilung der Leistungsanteile festgelegt habe, befragt. Am Ende des zweiten Verhandlungstages teilte das Schiedsgericht den Parteien mit, dass es seine Beschlüsse über den Fortgang des Verfahrens nach Vorliegen des Protokolls der beiden Sitzungstage fassen werde. Beide Parteien stimmten dem Vorschlag des Gerichts zu, Zeugenaussagen zu der strittigen Behauptung des Sachverständigen vorerst schriftlich dem Gericht vorzulegen. Hiernach wollte das Gericht entscheiden, ob die Zeugen gehört werden müssten. Weiter heißt es im Protokoll:
Das Gericht wird in seinem nächsten Beschluss darüber hinaus einen festen Zeitplan erarbeiten, in dem nach den jetzigen Schätzungen des Zeitbedarfs der weitere Verlauf des Verfahrens festgelegt wird. Dies wird sich darauf beschränken, den bis jetzt vorliegenden und am 19.3.2007 abgeschlossenen Sachvortrag zu würdigen, wobei den Parteien Gelegenheit gegeben werden wird, sich zu Einzelfragen schriftsätzlich zu äußern. Dies betrifft für die Klägerin insbesondere eine Zusammenfassung ihrer Behauptungen zu einer möglichen Befangenheit des Sachverständigen sowie zu den für sie als wichtig erachteten technischen Punkten. ...
Beide Parteien sind sich darin einig, dass - derzeit noch nicht definierbare - Teile des Gutachtens von Dr. S. möglicherweise verwertbar sind. Hierzu wird die Klägerin sich in angemessener Frist erklären.
Das Schiedsgericht regt an, unabhängig von einer Frage einer möglichen Befangenheit des Sachverständigen, die Fragen, die von der Klägerin für technisch entscheidend gehalten werden, schon jetzt in einer übersichtlichen Darstellung so vorzubereiten, dass sie entweder Grundlage eines Auftrags an einen Schiedsgutachter oder Grundlage für die Beantwortung weiterer Fragen der Parteien sein können.
Mit Beschluss vom 4.4.2007 setzte das Schiedsgericht den Parteien eine Frist zur Vorlage der angekündigten schriftlichen Zeugenaussagen bis 30.4.2007 und gab ihnen ferner Gelegenheit, darzulegen, an welchen Stellen sie das Gutachten des Sachverständigen gegebenenfalls ...