Leitsatz (amtlich)
1. Zur Löschung eines Erbbaurechts als inhaltlich unzulässig.
2. Bei Bestellung eines Erbbaurechts müssen dingliche Einigung und Grundbucheintrag mindestens die ungefähre Beschaffenheit des Bauwerks oder der zulässigen mehreren Bauwerke bezeichnen. Die Eintragung nebst Eintragungsbewilligung ist jedoch auslegungsfähig. Auch wenn nur von einem "Bauwerk" die Rede ist, können die näheren Umstände im Zeitpunkt der Eintragung den sicheren Schluss auf ein hinreichend bezeichnetes Recht zulassen, etwa ein "Wohngebäude" zu haben.
Normenkette
ErbbauRG § 1 Abs. 1-2; GBO § 53 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 16.09.2011; Aktenzeichen Unterschleißheim Blatt 8826) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG München - Grundbuchamt - vom 16.9.2011 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beteiligten zu 2.
III. Der Beschwerdewert beträgt 100.000 EUR.
Gründe
I. Für den Beteiligten zu 2 ist im Grundbuch ein Erbbaurecht eingetragen. Eigentümer des belasteten Grundstücks ist der Beteiligte zu 1. Bei der Eintragung ist Bezug genommen auf die Eintragungsbewilligung vom 22.9.1951 (mit Nachtrag vom 17.11.1953: Verlängerung von 66 auf 99 Jahre). Das dem Rechtsvorgänger des Beteiligten zu 2 bestellte und als Erbaurecht bezeichnete Recht hat gemäß der Urkunde vom 22.9.1951 folgenden Inhalt:
Das ist das veräußerliche und vererbliche Recht auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Das Erbbaurecht erstreckt sich auch auf den für das Bauwerk nicht erforderlichen Teil des Grundstücks, den Herr Martin K. als Hofraum, Lagerplatz und Garten benützen will.
Unter dem 24.6.2011 hat der Beteiligte zu 1 beantragt, das Erbbaurecht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit von Amts wegen zu löschen, und dies damit begründet, das der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz und das Publizitätsprinzip des Grundbuchs nicht gewahrt seien. Art, Inhalt und Umfang des dinglichen Rechts seien nicht festgelegt. Es genüge nicht, dass man sich über die Bestellung eines Erbbaurechts einig sei. Ebenso reiche nicht die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts. Damit sei die dingliche Einigung nichtig, die Eintragung im Grundbuch von Amts wegen zu löschen.
Der Beteiligte zu 2 hat geltend gemacht, dass sich der Beteiligte zu 1 seit Jahrzehnten auf das Erbbaurecht berufen und den Erbbauzins eingenommen habe; mit seinem Begehren verstoße er gegen § 242 BGB. Falls aber das Grundbuchamt die Unwirksamkeit des Erbbaurechts feststellen sollte, werde beantragt, das Grundbuch von Amts wegen dahingehend zu berichtigen, dass er selbst als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wird. Er sei nämlich als Erbbauberechtigter seit über 30 Jahren im Eigenbesitz des Grundstücks.
Mit Beschluss vom 16.9.2011 hat das Grundbuchamt den Antrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Zwar seien die Mindestanforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit des Erbbaurechts nicht erfüllt. Dies würde dazu führen, dass das Erbbaurecht von Amts wegen zu löschen wäre, wenn der Beteiligte zu 2 es nicht ersessen hätte. Die Voraussetzungen für die Ersitzung nach § 900 Abs. 2 BGB seien erfüllt, da die Eintragung dreißig Jahre bestanden und der Erbbauberechtigte während dieser Zeit das Grundstück im Eigenbesitz gehabt habe. Es spiele keine Rolle, ob der Erbbauberechtigte berechtigter oder unberechtigter Besitzer und ob er gutgläubig sei. Wesen der Ersitzung sei gerade, dass ein Recht, das ursprünglich nicht entstanden sei, aber durch die Eintragung im Grundbuch die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich habe, mit rückwirkender Kraft vom Tage der Eintragung an als bestehend anerkannt werde. Daher sei das Erbbaurecht trotz inhaltlicher Unbestimmtheit entstanden. Die Löschung würde aber auch gegen Treu und Glauben verstoßen, nachdem die Beteiligten eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten geführt hätten und der Beteiligte zu 1 dabei wohl von der Wirksamkeit des Erbbaurechts ausgegangen sei.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
Der Beteiligte zu 2 beruft sich im Beschwerderechtszug noch auf die Planung einer "Sozialsiedlung" durch den Rechtsvorgänger des Beteiligten zu 1, der ein großes Grundstück in eine Vielzahl von kleinen Grundstücken aufgeteilt habe, an denen anschließend über 80 Erbbaurechte bestellt worden seien. Für jeden der Erbbauberechtigten sei der Bau eines einfachen kleinen Wohnhauses vorgesehen gewesen, wobei der damalige Eigentümer die Art und Weise der Bauausführung der einzelnen Siedlungshäuser vorgegeben und auch den Bauplan für das zu errichtende Gebäude mit unterzeichnet habe. Es sei ausgeschlossen gewesen, dass ein Erbbauberechtigter etwas anderes erstellt hätte als ein (kleines, einfaches) Wohnhaus mit Satteldach. Die Art der Bebauung sei bereits bei Bestellung des Erbbaurechts durch das Landratsamt genehmigt gewesen. Daher seien den Parteien des Erbbaurechtsvertrags bei dessen Abs...